Kairo - Zur Feier des Jahrestages des Beginns des Aufstands am 25. Jänner 2011 - die zum Fall von Hosni Mubarak am 11. Februar führte - schenkt Ägyptens Militärratsvorsitzender Mohammed Hussein al-Tantawi dem Land die Aufhebung des seit 1981 geltenden Ausnahmezustands. Das ist eine zentrale Forderung der Kritiker des Militärrats (Scaf). Seit dem Sturz Mubaraks standen tausende Ägypter vor Militärgerichten.

Von Kritikern des Scaf wird der Schritt als Versuch gewertet, möglichen Protesten am Jahrestag den Wind aus den Segeln zu nehmen. Tantawi schränkte in einer TV-Ansprache ein, dass der Ausnahmezustand weiter für "Randalierertum" gelte. Was das genau heißt, bleibt noch zu sehen.

Unklares Verhältnis

Das Verhältnis zwischen dem Militärrat und den Muslimbrüdern, deren Partei FJP (Freiheit und Gerechtigkeit) die Mehrheit im neuen Parlament hat, ist derzeit heißes Diskussionsthema. Liberale und säkulare Parteien befürchten ein Arrangement zwischen den beiden stärksten Kräften des Landes. Am Montag gab es bei der ersten Sitzung des neuen Parlaments lautstarke Diskussionen über die Beantwortung einer Grußadresse Tantawis, die dieser zur Konstituierung gesandt hatte: Letztlich setzte sich der vom neuen FJP-Parlamentssprecher Saad al-Katatni vorgeschlagene Text durch, der Tantawi für seine "historische Parteinahme für das ägyptische Volk" pries. Jede Kritik daran, dass der Militärrat beinahe ein Jahr nach dem Sturz Mubaraks noch immer seine Macht nicht abgegeben hat, fehlte.

Heute, Mittwoch, wird die Revolutionsjugend wieder gegen den Scaf demonstrieren. Seit den Parlamentswahlen ist es jedoch Gewissheit, dass sie ein Minderheitenprogramm vertreten. (guha, DER STANDARD, Printausgabe, 25.1.2012)