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Avigdor Lieberman, israelischer Außenminister.

Foto: APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER

Wien - Der israelische Außenminister Avigdor Lieberman wünscht sich einen EU-Beitritt seines Landes. "Meine Vision ist, dass Israel ein Teil des vereinten Europa sein muss", sagte Lieberman am Dienstag beim "com.sult"-Kongress in Wien. Israel sei nämlich "die einzige stabile Demokratie" in der Nahost-Region und vertrete dort "die gesamte westliche Zivilisation", betonte der rechtsgerichtete Politiker, der in der Vergangenheit durch verbale Ausfälle gegen Araber aufgefallen war.

"Wir haben wirklich eine schlechte Nachbarschaft", sagte er mit Blick auf die arabischen Staaten. "Es wäre besser gewesen, wenn uns Moses in die Nachbarschaft von Deutschland, Österreich und Italien geführt hätte. Aber das ist unser Schicksal, unser Platz und unsere Heimat. Und wir werden unser Land verteidigen", sagte Lieberman, der im Jahr 1978 aus der damaligen Sowjetrepublik Moldawien nach Israel emigriert war.

Skeptisch äußerte sich Lieberman zu den Demokratiebewegungen in der arabischen Welt. In den arabischen Staaten gebe es nämlich keine starke Mittelschicht, die das Rückgrat demokratischer Systeme bilde. "Die wichtigste Voraussetzung für eine starke Demokratie ist die Existenz einer erfolgreichen Mittelklasse", betonte er.

Der Arabische Frühling habe gezeigt, dass es keine Verbindung zwischen dem israelisch-palästinensischen Konflikt und der Lage in den arabischen Gesellschaften gebe, so Lieberman. Die dortigen Diktaturen hätten den Nahost-Konflikt missbraucht, um die Massen aufzuhetzen. Nach dem Sturz der Diktaturen sei die Lage "viel klarer". In diesem Zusammenhang rief Lieberman den Westen auf, den Druck auf die arabischen Staaten zu verstärken. Man müsse sie jetzt zur Achtung von demokratischen Werten und Reformen auffordern "und nicht bis zum Aufstand warten".

Angesichts des Stillstands in den Nahost-Friedensbemühungen sprach sich der Minister dafür aus, die Herangehensweise zu ändern. "Entscheidend ist die Wirtschaft", sagte Lieberman. Derzeit betrage das Pro-Kopf-Einkommen der Palästinenser lediglich 3.000 Dollar (2.300 Euro). "Wenn wir es auf 15.000 Dollar anheben, werden wir alle unsere Probleme ohne Vermittler lösen."

Als "Unsinn" bezeichnete er den Vorwurf, dass die israelische Siedlungspolitik das größte Hindernis im Friedensprozess sei. Israel habe mit Ägypten und Jordanien Frieden geschlossen, obwohl es damals schon Siedlungen gegeben habe. Im Gaza-Streifen seien wiederum "21 florierende Siedlungen evakuiert" worden. "Das Ergebnis war, dass heute dort die Hamas als größte Terrorregierung der Welt an der Macht ist und mittlerweile 12.000 Raketen auf Südisrael abgeschossen wurden." Das zeige, dass es im Konflikt mit den Palästinensern "nicht um Territorium, sondern um Werte geht".

Den Iran bezeichnete Lieberman als "die größte internationale Bedrohung". Der Iran werde innerhalb von drei Jahren den mehrheitlich schiitischen Irak unter Kontrolle gebracht haben und sich danach den Golfstaaten und Saudi-Arabien widmen. Dann werde der Iran "den gesamten Energiemarkt der Welt kontrollieren". Schon jetzt sei er an zahlreichen Terroraktionen beteiligt, etwa über die Hamas und die Hisbollah, aber auch am Horn von Afrika. Auch das syrische Regime könne nur durch die iranische Unterstützung überleben. Zum iranischen Atomprogramm sagte Lieberman ironisch, die dortigen Raketen "sind nicht hilfreich dabei, die friedliche Nutzung der Atomenergie rund um den Erdball zu fördern". Das EU-Ölembargo gegen den Iran lobte Liberman als "sehr ernsthaftes Signal" und "richtigen Schritt in die richtige Richtung", der aber nicht genug sein werde.

Etwa ein Dutzend Personen demonstrierte in der Früh vor dem Eingang des Hauses der Industrie am Schwarzenbergplatz gegen die Teilnahme Libermans am "com.sult"-Kongress. Auf einem Flugzettel wurde das vermeintliche Sündenregister Liebermans aufgezählt, von der gerichtlichen Verurteilung wegen Körperverletzung eines Kindes über die gegen ihn laufenden Geldwäsche-Ermittlungen bis zu seinen verbalen Ausfällen gegen Palästinenser und Araber. "Es ist kontraproduktiv, wenn ein Mann, der gegen die arabische Bevölkerung ist, über den Arabischen Frühling spricht", sagte eine Aktivistin. Peter Melvyn von der Organisation "Kritische Jüdische Stimme" warf dem israelischen Rechtspolitiker vor, zur Gewalt aufzurufen. "Wir hoffen, dass er bald einmal verschwindet aus der Politik", sagte Melvyn. (APA)