Rom - Endlich ist es so weit: Elf Tage nach der Havarie der "Costa Concordia" vor der toskanischen Insel Giglio beginnt die Operation, im Rahmen derer 2.400 Tonnen Öl aus den Tanks des verunglückten Kreuzfahrtschiffes abgepumpt werden sollen. Den Auftrag dazu hat die niederländische Firma Smit Salvage erhalten, die für spektakuläre Bergungsaktionen im Meer weltweit bekannt ist. Die Operation ist hochkomplex: 100 italienische und niederländische Fachleute, Tauchermannschaften, Schiffe und Pontons sind im Einsatz, um eine Ölpest vor der idyllischen Insel im toskanischen Archipel zu verhindern. Die Fachleute sind in einem Wettrennen gegen die Zeit, um eine Umweltkatastrophe im Herzen eines der schönsten Schutzgebiete des Mittelmeerraumes abzuwenden.

"Wir haben jetzt von den italienischen Behörden die Genehmigung erhalten, an Bord der Costa Concordia zu arbeiten, doch schon seit Tagen sind wir am Werk, um die nötige Ausrüstung zusammenbringen, mit der wir 2.200 Tonnen Schweröl und 180 Tonnen Diesel abpumpen können. Schweröl ist weitaus umweltschädlicher als Diesel. Seit heute sind wir an Bord des Schiffes im Einsatz", sagt Maxi Iguera, Geschäftsführer der Genueser Gesellschaft 'Cambiaso&RissoService', italienischer Partner von Smit Salvage. In den toskanischen Hafenstädten Livorno und Piombino hat Iguera geeignete Tank-Barken aufgespürt, um den Treibstoff aufzunehmen. Schwimmende Barrieren wurden gegen auslaufendes Öl aufgestellt. Im Notfall können Absauggeräten den Treibstoff auffangen.

"Wir Honig erhitzt"

"Die Operation ist kompliziert, weil wir an Bord eines schwer havarierten Schiffes arbeiten. Das Schiff liegt dazu schief, es ist zwar stabil, wir müssen aber sehen, ob es so bleibt. Taucher müssen erst feststellen, in welchem Zustand die 23 Tanks sind. Außerdem muss das Schweröl aufgewärmt werden, damit es flüssiger wird und einfacher abgepumpt werden kann. Es ist wie Honig, der flüssig wird, wenn man ihn anheizt", so der Experte. Das Öl muss auf 50 bis 60 Grad erhitzt werden.

"Wir rechnen damit, dass wir in rund drei Tagen beginnen können, das Öl wegzubringen. Die gesamte Operation kann je nach Umständen zwischen vier und sechs Wochen dauern", sagt der Experte. Wetter und Seegang, sowie derzeit nicht absehbaren Bewegungen eines beim Pumpen immer leichteren Schiffes könnten eine wichtige Rolle bei der Operation im 114.500 Tonnen schweren Schiff spielen.

Suche nach Vermissten fortgesetzt

Das Abpumpen des Treibstoffes aus der Costa Concordia sei zwar eine anspruchsvolle Angelegenheit, nicht aber die schwierigste Operation, die die 1842 gegründete Smit Salvage in ihrer Geschichte in Angriff genommen hat. "Das Unternehmen war bereits an der Hebung des verunglückten russischen Atom-U-Boots 'Kursk' 2001 und der Bergung der im Ärmelkanal gesunkenen Fähre 'Herald of Free Enterprise' 1987 beteiligt", erklärt Iguera.

Nach dem Abpumpen des Öls ist die Arbeit für die Rotterdamer Firma Smit Salvage mit der Costa Concordia alles andere als zu Ende. "Wir arbeiten an einem Projekt für die Bergung des Schiffes, das wir der Reederei unterbreiten wollen. Unser Hauptziel ist, die Lecks im Schiff zu schließen und dann das Wasser aus dem Wrack entfernen, so dass die Costa Concordia wieder aufrecht gestellt werden kann", so der Experte. Mit dem Einsatz mehrerer Schlepper soll das Koloss der Meere wieder aufgerichtet werden. "Diese Lösung ist jedoch stark von der Stabilität des Schiffs und den Meeresbedingungen abhängig", meint Iguera. Diese Operation könnte mehrere Monate beanspruchen.

Inzwischen wird die Suchaktion nach den Vermissten fortgesetzt. Tauchermannschaften drangen am Dienstag zum Deck 3 vor, das bisher noch nicht zugänglich war. Nicht ausgeschlossen wird, dass Opfer möglicherweise zwischen Rumpf und Meeresboden eingeklemmt worden sind. Diesenfalls könnten sie erst dann geborgen werden, wenn das 290 Meter lange Schiff wieder aufgerichtet worden sei, sagte Italiens Zivilschutzchef Franco Gabrielli. Er schloss aus, dass das Wrack von dem unterseeischen Felsvorsprung rutschen könnte, unter dem es rund 30 Meter in die Tiefe geht. (APA)