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Hitlers "Mein Kampf", hier in einer Berliner Ausstellung gezeigt, polarisiert bis heute. Das Urheberrecht liegt noch bis 2015 beim Freistaat Bayern.

Foto: Reuters / Fabrizio Bensch

Mein Kampf zwischen bunten Promi-Magazinen und Auto-Journalen? Für den britischen Verleger Peter McGee ist das kein Problem. Er will am Donnerstag Auszüge aus Hitlers Pamphlet auf den deutschen Markt bringen. Geplant sind drei 15-seitige-Broschüren, die an je drei Donnerstagen den Zeitungszeugen beiliegen - kommentierten Nachdrucken von Zeitungen aus der Nazi-Zeit.

Doch die Idee kommt nicht überall gut an. Allen voran wehrt sich der Freistaat Bayern gegen die Veröffentlichung. Da Hitler bei seinem Tod 1945 offiziell am Münchner Prinzregentenplatz gemeldet war, übertrugen die Alliierten dessen Privatvermögen und somit auch die Rechte an Mein Kampf an das Land Bayern. Und das Copyright erlischt erst 2015, 70 Jahre nach dem Tod des Autors.

"Wir werden das Vorhaben mit einer einstweiligen Verfügung stoppen", sagt Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU). Dem allerdings sehen die Herausgeber gelassen entgegen. McGees Sprecher Alexander Luckow beruft sich auf die Kleinzitatsregelung, Paragraf 51 Urhebergesetz.

Diese besagt, dass man aus historischen Dokumenten zitieren kann, ohne das Urheberrecht zu verletzen. "Das Urheberrecht bezieht sich auf die Veröffentlichung des Gesamtwerkes. Das nachzudrucken haben wir keinesfalls die Absicht", erklärt Luckow.

Doch auch inhaltlich haben die Zeitungszeugen keine Bedenken. Mein Kampf , von Hitler 1924 und 1925 (zum Teil in Haft) verfasst, sei keineswegs ein strukturiertes programmatisches Werk, argumentiert Luckow: "Tatsächlich handelt es sich um ein völlig wirres, in Teilen sogar schlecht geschriebenes Konglomerat aus zeitgenössischen und persönlichen Betrachtungen."

Dieses "miserable Machwerk eines sehr schwierigen Menschen" wolle man durch die "spotlight-artige Beleuchtung" einordnen und entzaubern. Kommentiert wird es von Horst Pöttker, Professor für Journalistik der Technischen Universität Dortmund. Der bewertet die Ablehnung Bayerns als "total verklemmten Umgang mit Original-Material".

Bayern jedoch ist nicht der einzige Hort des Widerstands. "Um die Menschenverachtung der NS-Taten zu begreifen, braucht man angesichts zahlloser eindrucksvoller Orte des Grauens überall in Deutschland ganz bestimmt nicht Auszüge aus Mein Kampf in den Zeitschriftenständern", kritisiert die deutsche Familienministerin Kristina Schröder (CDU).

Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hingegen sieht die geplante Veröffentlichung entspannt und hofft, dass das Buch "ein Stück weit entzaubert" werde. Seine Vorgängerin Charlotte Knobloch ist anderer Meinung: "Es handelt sich um eine der übelsten Hetzschriften, die in diesem Land je verfasst worden ist."

"Das unlesbare Buch"

Geplant ist, dass die Broschüre am Donnerstag mit einem Konterfei Hitlers erscheint, über den Augen befindet sich ein geschwärzter Balken. Angekündigt wird das Heft als "Das unlesbare Buch". Besitz und Verkauf des Originals sind in Deutschland übrigens nicht verboten. In Österreich ist der Besitz auch nicht verboten, hingegen der Verkauf, wenn es dem Verkäufer darum geht, NS-Propaganda zu verbreiten. Eine Wiederauflage des Werks herauszubringen ist ebenso wenig erlaubt wie in Deutschland.

Antisemitismus verbreitet

In Berlin wurde am Montag zum ersten Mal ein Antisemitismus-Bericht des Bundestags veröffentlicht. Die Autoren kommen zum Ergebnis, dass 20 Prozent der Bevölkerung "latent" antisemitisch eingestellt seien. Es herrsche eine "bis weit in die Mitte der Gesellschaft verbreitete Gewöhnung an alltägliche judenfeindliche Tiraden und Praktiken vor". Der Antisemitismus basiere "auf weit verbreiteten Vorurteilen, tief verwurzelten Klischees und auf schlichtem Unwissen über Juden und das Judentum", sagt der Historiker Peter Longerich. (DER STANDARD, Printausgabe, 24.1.2012)