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Foto: AP/Martin Meissner

Wien - Das Wohlergehen einer Gesellschaft steht nicht unbedingt ausschließlich mit Wirtschaftswachstum und dem damit verbundenen höheren Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) in Zusammenhang. Ein internationales Team von Wissenschaftern hat in einer aktuellen Studie, die im Wissenschaftsjournal "Nature Climate Change" erschienen ist, gezeigt, dass Länder mit hohem Pro-Kopf-Einkommen und hohen CO2-Emissionen wie die USA oder Dänemark keine höhere Lebenserwartung haben als Staaten mit moderaten Einkommen und geringerem CO2-Ausstoß wie Costa Rica oder Chile.

Die Studie von Julia Steinberger, die an der britischen Universität Leeds und dem in Wien ansässigen Institut für Soziale Ökologie der Uni Klagenfurt arbeitet, und ihren Kollegen aus Großbritannien, USA und Norwegen berücksichtigt neben den nationalen CO2-Emissionen auch den internationalen Handel. Sie zählen in ihren Berechnungen zu dem auf dem jeweiligen Staatsgebiet emittierten CO2 auch jene Emissionen dazu, die bei der Herstellung der jeweils importierten Gütern anfallen, und ziehen die Emissionen für exportierte Güter ab. "Schließlich profitieren von den CO2-emittierenden Tätigkeiten des Exporteurs primär die Endverbraucher der importierten Güter und Dienstleistungen, also das importierende Land", so Steinberger.

Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung sollten Länder idealerweise hohe Einkommen und hohe Lebenserwartung - von den Forschern als Maß für wirtschaftliches und menschliches Wohlergehen herangezogen - bei niedrigen CO2-Emissionen erzielen. Tatsächlich war aber in der Vergangenheit eine Steigerung der Einkommen und der Lebenserwartung mit höherer Luftverschmutzung verbunden. Dieser angebliche Konflikt zwischen sozio-ökonomischer Entwicklung und der Verringerung des Treibhausgas-Ausstoßes steht auch im Zentrum der Auseinandersetzungen über Maßnahmen zum Klimaschutz.

Kohlenstoff-effiziente Steigerung des Wohlergehens

Die Wissenschafter konnten nun zeigen, dass "einige Nationen deutlich Kohlenstoff-effizienter sind als andere, wenn es darum geht, das Wohlergehen der Bevölkerung zu steigern", so Steinberger. So findet sich etwa unter den Ländern mit der höchsten Lebenserwartung ein breites Spektrum an CO2-Emissionen, das von 0,5 Tonnen pro Kopf in Costa Rica bis zu 6,2 Tonnen in den USA reicht. Allerdings gibt es in Ländern mit niedrigem Ausstoß an Treibhausgaben durchwegs auch nur geringe Einkommen.

Moderate Einkommen, die einem Bruttoinlandsprodukt zwischen 2.000 und 12.000 Dollar pro Kopf entsprechen, seien eine "notwendige, allerdings nicht ausreichende Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung", so die Wissenschafter. Notwendig deshalb, weil kein Land mit hohem Einkommen weniger als eine Tonne CO2-Emissionen pro Kopf hat; nicht ausreichend, weil moderate Einkommen alleine weder hohe Lebenserwartung noch niedrige CO2-Emissionen garantieren.

Alternative Wege

"Unsere Studie zeigt alternative Wege, die menschliches Wohlergehen und Klimaschutz über den Imperativ des Wirtschaftswachstums stellen", so Steinberger. Die meisten Szenarien für sinkende CO2-Emissionen würden auf schnelle technologische Veränderungen, etwa den Wechsel von fossilen zu erneuerbaren Energieträgern, setzen. Das sei aber gar nicht erforderlich, wenn die wirtschaftliche Aktivität in den reichsten Ländern reduziert werde. "Dann wäre eine weltweit hohe Lebenserwartung mit einem stabilen Klima kompatibel", betonte die Wissenschafterin. (APA, red)