Offenbar hat Verkauf noch immer ein Imageproblem, gilt als wenig interessant: Michael Heinzl (Generali) wirbt dagegen.

Foto: Generali

STANDARD: Sie sind seit kurzem Leiter des Vertriebs für Österreich bei der Generali Versicherung AG. Auch Ihr Unternehmen hat große Probleme, Nachwuchs für den Verkauf zu rekrutieren. Wie ist die Lage derzeit?

Heinzl: Derzeit gelingt es uns nicht einmal, den Mitarbeiterstand im Verkauf konstant zu halten. Wir haben weniger neue Anstellungen als Pensionierungen. Das ist ein echtes Problem, denn wir brauchen junge Leute, um unsere Kundenbestände gut zu betreuen. Dieses Jahr wollen wir deshalb mindestens 200 neue Mitarbeiter aufnehmen.

STANDARD: Offenbar ist es der Versicherungsbranche immer noch nicht gelungen, ein attraktives Berufsbild vom Vertrieb zu zeichnen, das mit quälender Kundenkeilerei nichts zu tun hat.

Heinzl: Diese Vorstellung hält sich hartnäckig. Mit der Realität hat sie aber nichts zu tun. Kunden zu betreuen ist eine hoch seriöse Aufgabe, die hohes Verantwortungsbewusstsein und eine Topausbildung erfordert. Und wer glaubt, man komme zu uns und müsse quasi auf der grünen Wiese beginnen, Kunden an Land zu ziehen, der irrt völlig. Niemand ist auf sich alleine gestellt, niemand muss hier alleine kämpfen. Jeder wird in bestehende Teamstrukturen eingebunden, jeder wird begleitet und bekommt vorhandene Bestände zur Betreuung überantwortet.

STANDARD: Knackpunkt für die meisten ist doch noch immer die schlechte Bezahlung des Außendienstes. Wie hoch ist das Fixum, mit dem ein Einsteiger rechnen kann?

Heinzl: Das variiert je nach Qualifikation und Ausbildung zwischen 450 und 600 Euro monatlich. Dazu kommt in den ersten Jahren noch eine Aufbauzulage, die unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg ausbezahlt wird. Ein weiterer Bestandteil sind die Provisionsvorauszahlungen, die ebenfalls helfen sollen, das Einkommen in der ersten Phase zu stabilisieren. Nach fünf Jahren ist ein Jahresbrutto von 32.000 durchaus realistisch. Aber die Verdienstmöglichkeiten sind nach oben offen. In welchem Beruf ist das sonst der Fall? Das wird oft vergessen, wenn man von der schlechten Bezahlung im Außendienst spricht. Und eines noch: Für junge Mütter ist dieser Beruf besonders attraktiv, weil sie ihre Zeit sehr flexibel einteilen können. Deshalb wenden wir uns auch ganz gezielt an sie.

STANDARD: Hat die persönliche Betreuung heute noch den Stellenwert? Jeder kann sich heute via Internet schnell und unkompliziert Versicherungsanbote einholen.

Heinzl: Auf die individuelle Beratung wird mehr Wert gelegt denn je, denn die Kunden sind heute sehr kritisch. Niemand kauft die Katze im Sack. Deshalb legen wir auch so großen Wert auf die Qualifikation unserer Leute. Wir können uns nicht erlauben, Abstriche zu machen, deshalb ist - trotz großer Personalnot - unser Auswahlverfahren sehr aufwändig und selektiv.

STANDARD: Sie planen, gezielt Akademiker anzuwerben. Die allerwenigsten unter ihnen sehen ihre Zukunft im Vertrieb. Fehlt es an attraktiven Perspektiven?

Heinzl: Gerade sie haben doch besonders gute Karrierechancen. Dafür gibt es viele Beispiele. Ein ehemaliger Manager von Ikea hat sich vor einigen Jahren entschlossen, zu uns zu kommen. Einfach, weil er mehr verdienen wollte. Das ist ihm auch in kürzester Zeit gelungen. Heute zählt er zu unseren erfolgreichsten Kundenbetreuern.

STANDARD: Der Vertrieb ermöglicht also außergewöhnliche Karrieren?

Heinzl: Jenen, die seriös, hoch motiviert und initiativ sind, jedenfalls. Wer sich durchbeißt, hat mittelfristig gesehen überproportionale Verdienstmöglichkeiten, und zwar in einer stark wachsenden Branche. (Judith Hecht/DER STANDARD, Printausgabe, 21./22.1.2012)