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Das ägyptische Parlament hält 508 Sitze.

Foto: APA/EPA/Elfiqui Pool

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Vor Sitzungsbeginn wurde noch gebetet.

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Kairo - In Ägypten ist erstmals ein Mitglied der früher verbotenen Muslimbruderschaft Parlamentspräsident. "Wir verkünden dem ägyptischen Volk und der ganzen Welt, dass die Revolution weitergeht", sagte Saad al-Katatni (59) am Montag in Kairo auf der konstituierenden Sitzung des ersten frei und demokratisch gewählten Parlaments in der Geschichte des Landes. Mit 399 von 496 abgegebenen Stimmen wurde der unter dem autoritären Regime eingekerkerte Generalsekretär der Partei für Freiheit und Gerechtigkeit zum Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses gewählt.

Rund 70 Prozent der 508 Abgeordneten gehören islamistischen Parteien an, die erst nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Hosni Mubarak im Februar 2011 gegründet worden waren. Dagegen bekamen Frauen, Christen und die sogenannte Revolutionsjugend nur wenige Mandate. Die konstituierende Sitzung verlief turbulent. Wichtigste Aufgabe des Parlaments ist es, ein Komitee zu bilden, das die neue Verfassung ausarbeiten soll.

Streit um Eid

Die Abgeordneten stritten sich zunächst über die Form ihrer Vereidigung. Mehrere Volksvertreter wollten den Eid auf die Verfassung nicht mit der vorgeschriebenen Formel ablegen, die sie durch Zusätze ergänzten. Ein Islamist fügte einen Hinweis auf das islamische Recht (Scharia) ein. Ein anderer Abgeordneter schwor auf die "Märtyrer der Revolution des 25. Jänner". Viele Abgeordnete trugen gelbe Schärpen mit der Aufschrift "Keine Militärgerichtsverfahren gegen Zivilisten". Damit protestierten sie dagegen, dass seit der Machtübernahme des Militärs mindestens 12.000 Zivilisten vor Militärgerichte gestellt wurden.

Geleitet wurde die konstituierende Sitzung vom Alterspräsidenten Mahmoud al-Saqa von der liberalen Wafd-Partei. Er rief die Abgeordneten auf, der "Märtyrer der Revolution" zu gedenken, die im vergangenen Jahr während der Massenproteste gegen Mubarak getötet worden waren. Gleichzeitig lobte er die Rolle der Militärführung unter Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, die nach Mubaraks erzwungenem Rücktritt die Macht übernommen und eine Übergangsregierung eingesetzt hatte.

Stärkste politische Kraft ist mit 47 Prozent die von der Muslimbruderschaft gegründete Partei für Freiheit und Gerechtigkeit. 24 Prozent entfallen auf die radikalen Islamisten der Partei des Lichts. Nur rund zwei Prozent der Abgeordneten sind Frauen. Zehn Abgeordnete gehören der christlichen Minderheit an, die etwa zehn Prozent der mehr als 83 Millionen Ägypter ausmacht.

Ein großes Aufgebot von Sicherheitskräften sicherte die Straßen rund um das Parlament. Das Parlamentsgebäude liegt in der Nähe des zentralen Tahrir-Platzes in Kairo, wo die Gegner Mubaraks im vergangenen Jahr so lange demonstriert hatten, bis dieser seinen Rücktritt erklärte.

Vor dem Parlamentsgebäude versammelten sich tausende Menschen und forderten ein Ende der Militärherrschaft unter Feldmarschall Tantawi. "Nieder, nieder mit der Militärherrschaft", riefen Demonstranten, sowie "Kein Militär und keine Bruderschaft". Zugleich versammelten sich am gleichen Ort hunderte Anhänger von Islamisten, die ihre Abgeordneten unter Jubel begleiteten. (APA)