Der Höhepunkt der Ballsaison, der Opernball Mitte Februar, ist nur noch wenige Wochen entfernt. Andernorts wird bereits fleißig getanzt. Krise? Davon will man am Tanzparkett nichts wissen.

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Wien - Ob prächtiges Palais, nüchternes Vereinshaus oder freigeräumter Hotelsaal: Von Anfang Jänner bis Mitte März füllt König Walzer in weiten Teilen Österreichs so ziemlich alles, was sich für Ballveranstaltungen eignet. Das Gespenst der Krise bleibt gut versteckt. Es wird höchstens gesprochen darüber - zwischen einem Glas Sekt und Sacherwürsteln.

"Die Bälle sind eine relativ krisensichere Sache. Dieses Vergnügen lassen sich die Leute nicht nehmen", sagt Gerhard Messinger dem Standard. Als Chef der zum Verkehrsbüro gehörenden Austria Trend Hotels ist Messinger - obwohl selbst kein Ballgeher - mit dem Ohr dicht am Geschehen.

Frack kontra Smoking

Mit dem Parkhotel Schönbrunn, dem Hotel Savoyen sowie Palais wie dem Ferstel oder dem Daun-Kinsky verfügt Österreichs größter Tourismuskonzern allein in Wien über Ballsäle mit einem Fassungsvermögen von zusammen mehreren tausend Personen. Die bisherigen Veranstaltungen zeigten weder einen Rückgang bei den Besucherzahlen noch bei der Konsumation.

Auch vorgelagerte Bereiche wie Tanzschulenbetreiber und Ballausstatter sind durchwegs zufrieden, wie die Ballsaison heuer anläuft. Von einer Krise sei in ihrem Geschäft keine Spur, konstatiert etwa Olga Hofer, Verleiherin in Wien. Im Gegenteil, es sei ein Trend hin zu teurerer Ausstattung zu beobachten. Ballgeher legten zunehmend Wert auf exklusive Bekleidung. Der Smoking sei für immer mehr Leute ein No-Go am Ball. Hofer: "Da wird man schnell für einen Kellner gehalten. In einem Frack ist man immer noch am besten aufgehoben."

Eine Nacht im Frack gibt es für rund 230 Euro. Die Hälfte ihrer Kundschaft sei international, erzählt Hofer. Heuer kleide sie viele Amerikaner, Deutsche und Italiener ein. Schlechte Erfahrungen habe sie nur mit Ballbesuchern gemacht, die - ohne ihre Maße zu wissen - bis zu jeweils zwanzig Fracks zur Ansicht in ihr Hotel bestellten. Schließlich habe selbst der frühere deutsche Bundespräsident Horst Köhler die Zeit für eine Anprobe in ihrem Geschäft gefunden.

Flott geht es auch bei Karin Lemberger her, Präsidentin der mehr als 30 Wiener Tanzschulen. Gut gebucht seien die Crashkurse vor der anlaufenden Saison. Auch an Anfragen von Touristen, die sich den Wiener Walzer über Privatstunden aneignen wollten, fehle es nicht. Unterm Strich sei Tanzen ein kostengünstiges Hobby und die Gefahr, dass es einem Sparkurs zum Opfer falle, gering. Allein mit Pfuschern schlägt sich die Branche da und dort herum. Mittel, um gegen Schwarzarbeit am Tanzparkett vorzugehen, gebe es aber genug, sagt Lemberger.

475.000 Ballgäste erwartet

Die Bälle haben sich im Lauf der Jahre zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor entwickelt. Allein zu den 450 Wiener Bällen sollen einer Erhebung zufolge heuer 475.000 Besucher strömen, 115.000 davon aus anderen Bundesländern sowie dem Ausland.

"Die sind besonders interessant, weil sie mindestens einmal übernachten", heißt es bei Wien Tourismus. Realistischerweise könne man von 175.000 Nächtigungen ausgehen, die im Zusammenhang mit Bällen stehen.

Auch wenn die Unesco den Wiener Ball von der Weltkulturerbeliste genommen hat - "Bälle werden weiter das Geschäft beleben", sagt die Landesvorsitzende der Österreichischen Hoteliervereinigung in Wien, Michaela Reiterer. "Sie sind aber kein touristischer Brenner, wie es Adventmärkte sind." Andererseits strahlten Events wie der Opernball oder der Life-Ball weltweit aus. Reiterer: "Die transportieren Bilder von Wien in die ganze Welt; so viel kann man für Marketing gar nicht ausgeben."

Eine Karte für den Ärzteball, der diesen Samstag in der Wiener Hofburg stattfindet, kostet 100 Euro, 15 Euro mehr als 2011. Auch für den Besuch anderer Bälle muss heuer mehr veranschlagt werden.

Laut einer Studie der KMU Forschung Austria plant ein Gast in der heurigen Ballsaison durchschnittlich 230 Euro auszugeben, um zehn Euro mehr als im Vorjahr. Die gesamte Wertschöpfung beläuft sich auf 80 Millionen Euro. Zusätzlich geben Gäste aus den Bundesländern und dem Ausland rund 30 Millionen Euro für Aufenthalt und Nächtigungen aus. (Verena Kainrath, Günther Strobl, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 23.1.2012)