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Bilder des Ministerpräsidenten, ungarische Flaggen und Liebeserklärungen per Plakat: Regierungsanhänger bei ihrem "Friedensmarsch"  in Ungarns Hauptstadt Budapest.

Foto: APA/EPA/Lakatos

Anhänger seiner Partei werteten den Aufmarsch als gelungene Machtdemonstration.

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Mehr als 100.000 Menschen haben am Wochenende in Budapest ihre Unterstützung für den rechts-populistischen Premier Viktor Orbán bekundet. Sie trugen ungarische Flaggen und Transparente mit Aufschriften wie "Hände weg von Ungarn!" , "Wir lieben Viktor Orbán" und "Wir werden keine Kolonie" . Auch der empörte Aufschrei "Wir sind keine EUnuchen!" war auf einer Tafel zu sehen. Die Kundgebung richtete sich gegen die Europäische Union, die auf die autoritäre Politik Orbáns reagiert hat.

So hatte EU-Kommission vergangene Woche drei Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingerichtet. Grund sind drei Gesetze, die die Unabhängigkeit der Notenbank, der Justiz und der Datenschutzbehörde betreffen.

Aufruf der Orbán-Freunde

Aufgerufen zu dem sogenannten "Friedensmarsch" hatten ultrarechte Persönlichkeiten aus dem Umkreis der Orbán-nahen Zeitungen Magyar Hírlap und Magyar Demokrata, unter ihnen der Orbán-Freund und Kommentator Zsolt Bayer, der sich auch schon als Antisemit bekannt hatte.

Angeführt von einer Gruppe schamanistischer Trommler zog die Menge vom Budapester Heldenplatz zum Kossuth-Platz vor dem Parlament. Die Generation der über 50-Jährigen überwog deutlich, junge Leute waren nur wenige zu sehen.

Der 58-jährige Pál, der seinen Nachnamen nicht nennen wollte, marschierte unter dem Schild "EU = politische + wirtschaftliche Mafia" . "Die Europäische Union hat uns nur ausgeplündert, wir sollten austreten" , wetterte er. Auf das Argument, dass Orbán ein Verlassen der Union derzeit nicht anstrebe, entgegnete er: "Da bin ich mir nicht so sicher, dass es so bleibt."

Weder Orbán noch seine Regierungspartei Fidesz hatten sich offiziell hinter die Initiative gestellt. Sie fiel jedoch durch einen hohen Organisationsgrad auf. Ein Gutteil der Teilnehmer wurde in Autobussen aus allen Ecken des Landes und aus den ungarisch bewohnten Gebieten Rumäniens herangekarrt. Durchgängig waren stets auch Tafeln in englischer Sprache zu sehen. Auch dies deutete darauf hin, dass hier eine gut geölte Mobilisierungsmaschinerie am Werk war.

Das Fidesz-Lager bewertete den Aufmarsch als gelungene Machtdemonstration. "Die Kundgebung bewies, dass die Mehrheit hinter der Regierung steht", meinte der Orbán-nahe Politologe und Aktivist Tamás Fricz. Tatsächlich hat der Fidesz seit der Wahl 2010 mehr als die Hälfte seiner Wähler verloren, bleibt aber unter allen Parteien mit Abstand die stärkste Kraft.

Am Sonntag demonstrierten mehrere tausend Menschen in Budapest für die Pressefreiheit und den oppositionellen Sender Klubradio, dem die Lizenz entzogen worden war. (Gregor Mayer aus Budapest/DER STANDARD, Printausgabe, 23.1.2012)