Wien - Mit Krümeltorte empfangen ORF-Mitarbeiter Freitagfrüh Generaldirektor Alexander Wrabetz am Weg zum Stiftungsrat am Küniglberg. Nicht zum Werfen, sondern um auf ihre prekäre Arbeitssituation im größten Medienunternehmen des Landes hinzuweisen: "Was bleibt für die freien Mitarbeiter/innen?", mahnt ein Fähnchen auf der Torte ein.

Weitere Fähnchen werden an die Stiftungsräte verteilt: "Pelinka ist gegessen - Wir schlucken nicht alles", "Wie verteilen Sie den Kuchen?", "Wir freie Mitarbeiter/innen haben es satt!". Betroffen von prekären Arbeitsverhältnissen sind rund 150 Mitarbeiter, die Mehrheit davon werkt im Hörfunk.

Sicher nicht möglich sei es, "alle freien Mitarbeiter anzustellen", erteilt Wrabetz den Aktionisten eine Absage und nimmt im gleichen Atemzug die Politik in die Pflicht: Spielraum gebe es nur, wenn die dauerhafte Gebührenrefundierung nach 2014 garantiert werde.

Wrabetz "positiv beeindruckt"

Am Tag nach Niko Pelinkas Rückzug vom versprochenen Büroleiterjob stellt sich der ORF-General dem Stiftungsrat. "Ich wusste, dass meine geplante Entscheidung auch kritisch gesehen wird. Trotzdem habe ich es mit offenem Visier vorgeschlagen", erklärt Wrabetz Motive für Pelinka. "Positiv beeindruckt" haben ihn die Proteste der Mitarbeiter. Die Social-Media-Aktivitäten der protestierenden Redakteure will er als Argumentation gegen Einschränkungen im ORF-Gesetz nutzen.

Um Schadensbegrenzung ringt nach der Causa Pelinka auch der Stiftungsrat. Dieser sei "besser als sein Ruf", sagt Gremiumsmitglied Franz Medwenitsch. Als Folge der Auseinandersetzungen um parteipolitisch beeinflusste Postenvergaben fasste das Aufsichtsratsgremium einen Beschluss, der eine "Abkühlphase" vorsieht: Der Wechsel eines Stiftungsrats zum ORF soll erst nach ein bis vier Jahren Pause möglich sein. Eine Arbeitsgruppe soll diesbezügliche Verhaltensregeln überarbeiten. Die Besetzung von Positionen habe "in fairen und transparenten Verfahren" zu erfolgen.

Den Job des Büroleiters legte Pelinka nach wochenlangen öffentlichen und internen Protesten zurück. Den Posten des Länderkoordinators setzte Wrabetz selbst aus. Eine weitere Problempersonalie beschäftigt weiterhin: Thomas Prantner ist weiterhin als Stellvertreter in Abwesenheit des technischen Direktors vorgesehen.

Containerdorf

Weiterer Tagesordnungspunkt beim Stiftungsrat war die Aussiedelung von 540 ORF-Mitarbeitern aus dem desolaten Haupttrakt des Hauses ab Mitte des Jahres. Eine der Ausweichvarianten sieht den Einzug der Mitarbeiter in ein Containerdorf am Gelände des Küniglbergs vor.

Ab Sommer prüfen Statiker den Zustand des Hauses. Erst danach könnte sich entscheiden, ob eine endgültige Absiedelung realistisch wird. Allein den Roland-Rainer-Bau "standfest" zu machen kostet laut Finanzchef Richard Grasl 3,5 Millionen Euro. (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 12./22.1.2012)