"Was hat das mit der SPÖ zu tun? Ich sehe keinen Zusammenhang", meinte unlängst Michael Häupl zur Causa Pelinka und lieferte damit nicht nur ein Beispiel für radikale, unter Landshauptleuten besonders weit verbreitete Realitätsverweigerung, sondern auch für das Nichterkennen der Notwendigkeit von Richtungsentscheidungen.

Vor einer solchen steht nämlich die Partei des Wiener Bürgermeisters, und um das zu realisieren, hätte Häupl nur an den letzten beiden Samstagen den Standard lesen müssen. Dort meldete sich zuerst der ehemalige VSStÖ- und jetzige Vorsitzende des Instituts für Jugendkulturforschung Bernhard Heinzlmaier zu Wort, um Rudas/Pelinka-Kritikern zu attestieren, "nicht nur jegliche Form des Anstands, sondern überhaupt den Verstand verloren" zu haben. "Jeden Parteigeschäftsführer, der sich nicht in den ORF einmischt, müsste man sofort entmündigen lassen", meinte er, denn "unabhängiger Journalismus im ORF ist eine Illusion, die ein paar Wichtigmacher aus dem ORF, die selbst auf Partei-Tickets in dieses Haus eingefahren sind, nun selbstgefällig im Interesse der eigenen Karriere vor sich her tragen".

Hier würde sich mit dem Hinweis auf Armin Wolf - einen der vielen lebenden Gegenbeweise dieser These - und dessen Replik auf Heinzlmaier ("Das ist nun wirklich mit weitem Abstand das Allerdümmste, das bisher über die Pelinka-Debatte zu lesen war") jede weitere Diskussion erübrigen, aber lassen wir noch einen Parteikollegen des Rudas-Apologeten darauf antworten: "Die junge Clique rund um das Machtzentrum der Kanzlerpartei fällt vorrangig durch absolute Loyalität zu Werner Faymann auf, und dementsprechend geht es dabei nicht um weltanschauliche, sondern um machtpolitische Fragestellungen. Kontrolle statt Weltanschauung." Das meint Niki Kowall von der Sektion acht der SPÖ Alsergrund, der am darauf folgenden Samstag mit einem Kommentar zum Thema Schuldenbremse an gleicher Stelle zeigte, dass auch Mitglieder der Kanzlerpartei noch in der Lage sind, sich inhaltliche Gedanken zu machen. Zuvor hatte Kowall mit der gegen alle Erwartungen durchgesetzten Einschränkung des Automatenglücksspiels in Wien bewiesen, dass man auch gegen scheinbar unüberwindliche Machtverfilzungen (das Verhältnis zwischen der ehemaligen SPÖ-Vizebürgermeisterin Laska und einem Glücksspielkonzern wartet noch immer auf Aufklärung) reüssieren kann.

Dieses Nichtakzeptieren vorhandener Missstände steht im Gegensatz zum vom parteiinternen Faymann-Fanclub bevorzugten Machtpragmatismus, dessen Inhaltsleere Heinzlmaier zynisch auf den Punkt gebracht hat. Von der Entscheidung, welche Grundhaltung sich in der Partei wird durchsetzen können, hängt deren Zukunft ab.

Das ist der von Michael Häupl bisher nicht gesehene Zusammenhang. Es ist für ihn hoch an der Zeit, in der Frage "Josefstadt (wo Niko Pelinka bei der letzten Bezirksvertretungswahl für die SPÖ kandidierte und exakt eine Vorzugsstimme bekam) oder Alsergrund?" Position zu beziehen.

Bei einem Vortrag auf einer Fachkonferenz für Jugendmarketing meinte Bernhard Heinzlmaier: "Die Erfolgreichen sind die, die sich unterwerfen. " Hoffen wir, dass er auch damit danebenliegt. (DER STANDARD; Printausgabe, 19.1.2012)