Wasser (blau) weist eine geringere innere Reibung auf als Honig. Es geht aber noch "flüssiger".

Foto: TU Wien

Darstellung eines simulierten Quark-Gluon-Plasmas im Rahmen einer Blei-Ionen-Kollision am Kernforschungszentrum CERN.

Foto: CERN

Es gibt Flüssigkeiten wie Wasser, die sehr dünnflüssig sind. Andere Substanzen wie etwa Honig weisen hingegen ein hohes Maß an Viskosität auf, die wiederum von den inneren Reibungskräften abhängt. Sogenannte Quantenflüssigkeiten wie suprafluides Helium erreichen die geringsten Viskositäten. Solche Supraflüssigkeiten verlieren bei sehr tiefen Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt von rund 273 Grad Celsius jede innere Reibung.

Seit einigen Jahren ist bekannt, dass es aufgrund der Quantentheorie eine absolute Untergrenze für Viskosität gibt. Während etwa supraflüssiges Helium diesen Schwellenwert klar überschreitet, bleibt das sogenannte Quark-Gluon-Plasma, das bei energiereichen Teilchenkollisionen im Large Hadron Collider des Cern hergestellt werden kann, nur ganz knapp darüber. Quark-Gluon-Plasma bildete sich aber auch Sekundenbruchteile nach dem Urknall.

Bei Temperaturen, die Hunderttausend mal heißer sind als das Zentrum der Sonne, fanden Elementarteilchen wie Quarks und Gluonen noch nicht zu Protonen und Neutronen zusammen, sondern bewegten sich frei. Dominik Steineder vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien zeigte nun in seiner Dissertation, dass sich die theoretische Untergrenze für die Viskosität in bestimmten Fällen sogar noch unterbieten lässt.

In den bisherigen Berechnungen nahm man an, dass das Plasma symmetrisch ist und von allen Seiten gleich aussieht, also "isotrop" ist. Tatsächlich sei aber ein Plasma, das Kollisionen in einem Teilchenbeschleuniger entsteht, ganz am Anfang nicht isotrop, behauptet der TU-Forscher mit seinem betreuenden Professor Anton Rebhan im Fachblatt Physical Review Letters: Weil die Teilchen entlang einer bestimmten Richtung beschleunigt und zur Kollision gebracht werden, zeigt das dabei entstehende Quark-Gluon-Plasma unterschiedliche Eigenschaften, abhängig von der Richtung, aus der man es betrachtet.

Die Physiker der TU Wien fanden nun eine Möglichkeit, diese Richtungsabhängigkeit mitzuberechnen. Die Viskosität könne damit niedriger sein als der Wert, den man bisher für die absolute Untergrenze hielt, sagt Steineder. Seine theoretischen Vorhersagen sollen nun durch die bereits begonnenen Quark-Gluon-Plasma-Experimente am LHC getestet werden. (tasch, APA/DER STANDARD, Printausgabe, 18.01.2012)