München/London - Angesichts sich mehrender Fälle von Depressionen und Burnouts im Profifußball sieht der deutsche Teamkapitän Philipp Lahm ein gesamtgesellschaftliches Problem. "Wenn man sich die Fakten anschaut, sind Burnout und Depressionen die neuen Volkskrankheiten", sagte Lahm der Frankfurter Rundschau. Nach dem Selbsttötungsversuch des Schiedsrichters Babak Rafati im November war eine Debatte über Druck im Fußball entstanden. Zuletzt hatten sich Ex-Schalke-Trainer Ralf Rangnick sowie Hannover-Goalie Markus Miller zu Burnouts bekannt und eine Auszeit genommen. Auch Hannover-Torhüter Robert Enke, der sich am 9. November 2009 das Leben nahm, hatte an Depressionen gelitten.

"Ich sehe eine Depression als eine Krankheit an, aber nicht im Umkehrschluss grundsätzlich den Konkurrenzkampf als eine Krankheit des Leistungssports. Leider werden Depressionen und Burnouts noch zu oft als Schwäche ausgelegt, auch wenn sich das zuletzt vielleicht geändert hat", sagte Lahm.

In England erschüttert der Fall von Dean Windass die Öffentlichkeit. Windass hatte Hull City 2008 erstmals in die Premier League geschossen, dreieinhalb Jahre später schockiert er mit Aussagen über Selbsttötungsversuche. Erst vor einer Woche habe er sich das Leben nehmen wollen, berichtete er The People. "Zuerst versuchte ich es mit einer Überdosis. Als das nicht klappte, wollte ich mich erhängen." Seine Freundin und ein Freund retteten ihn.

Sein Outing versteht Windass, der sich in Behandlung begeben hat, als "Teil meines Heilungsprozesses. Ich will kein Mitleid erregen, es war alles meine Schuld. Aber hoffentlich helfe ich anderen". Der walisische Ex-Teamchef Gary Speed war 42 Jahre alt, als er sich im November das Leben nahm - so alt wie Windass jetzt, der sagt: "Hunderte Kicker sind in einer ähnlichen Situation wie ich. Sie wachen morgens auf und wissen nicht, was sie mit sich anfangen sollen. Ich habe jeden Tag geweint, seit ich vor zwei Jahren aufhörte. Ich war in einem Tief, aus dem ich mich nicht befreien konnte." (DER STANDARD, Printausgabe, Dienstag, 17. Jänner 2012, sid, red)