Eine Legende macht sich über die Verhandlungen lustig. Ob "direkt" - "indirekt", als "Schnecke" - "Marathon", oder "höhnisch" - "ernst": "Gegen Verhandlungen".

Foto: derStandard.at/Hackl

Neben der palästinensischen Flagge das Schild "Keine Verhandlungen mit Siedlern".

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In Ramallah haben junge Palästinenser diesen Samstag gegen den Kurs von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und seiner Regierung demonstriert. Immerhin ein paar Dutzend sind trotz strömendem Regen vor die Muqataa, den Sitz der Palästinensischen Autonomiebehörde, gekommen. Ganz in Schwarz gekleidet, und vom Regen durchnässt, haben sie in einer Mahnwache ihre Ablehnung der laufenden Gespräche zwischen Israel und der PLO schweigend zum Ausdruck gebracht.

"Wir haben genug von den Verhandlungen mit Israel", erklärte die junge Palästinenserin Fayrouz Shakhour, die in ihrer Freizeit politische Gedichte schreibt. Zum Schreiben habe sie der Drang nach Freiheit inspiriert. Deswegen sei sie auch zur Demonstration gekommen. "Die Sulta [Palästinensische Autonomiebehörde] vertritt nicht mehr den Willen der Palästinenser", kritisierte sie die Verhandlungen mit Israel, die zurzeit in der jordanischen Hauptstadt Amman geführt werden.

Wenn es Verhandlungen geben sollte, so scheinen sich die Aktivisten einig zu sein, dann zwischen den zerstrittenen Palästinenserparteien Fatah und Hamas. "Wir wollen keine Gespräche mit Israel, weil sie nicht Teil der palästinensischen Versöhnung sind", rief ein Aktivist in eine Kamera des palästinensischen Fernsehens.

Anstatt der Gespräche, in die kaum jemand noch Hoffnungen setzt, forderten einige Demonstranten mehr "Widerstand" gegen Israel. Dazu müsse es eine ordentliche Strategie geben, meinte eine junge Demonstrantin, die anonym bleiben möchte. "Doch die Regierung hat den Geist des Widerstands zerstört", kritisierte sie den Kurs von Mahmud Abbas.

Auch wenn es nur sehr wenige waren, die zu dieser schweigenden Kundgebung gekommen sind, so sprechen sie doch der vorherrschenden Meinung unter jungen Palästinensern aus dem Herzen. "Zum Jahrestag der arabischen Revolution (...), die Gerechtigkeit, Freiheit und Demokratie forderte, und weiterhin fordert, und zum Jubiläum der zionistischen Aggression im belagerten Gazastreifen", hieß es in dem auf Facebook veröffentlichten Aufruf, sei die PLO am 3. Jänner mit der Aufnahme der Gespräche zu "denselben Fehlern zurückgekehrt; trotz dem Fehlschlag von mehr als 20 Jahren Verhandlungen."

Doch auch wenn der Aufruf, der mit "Palästinenser für Würde" signiert wurde, versucht, an den Geist der arabischen Revolution anzuschließen, so hat die Demonstration auch die Grenzen der palästinensischen "Facebook-Generation" aufgezeigt. Mehr als 4000 Einladungen in die Gruppe auf Facebook brachten letztlich nur 257 elektronische "Teilnahmen", wovon kaum ein Fünftel wirklich zur Kundgebung ging.

Ob sich aus diesem Impuls dennoch eine längere Protestwelle entwickelt, bleibt abzuwarten. Doch aus der Deckung des anonymen Internets traut sich vorerst niemand heraus. Auf die Frage, welche Gruppe denn eigentlich hinter dem Aufruf steht, hat ein Demonstrant geantwortet: "Das ist eine Geheimdienstfrage. Darauf wirst du keine Antwort bekommen." (Andreas Hackl, derStandard.at, 14.1.2012)