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Unter Druck: Ungarns Unterhändler Tamás Fellegi.

Foto: EPA/Mike Theiler

Wie sehr die Stabilität Österreichs von den Entwicklungen in Ungarn abhängt, hat S&P am Freitagabend deutlich gemacht. Die Turbulenzen in Ungarn gelten als einer der Gründe dafür, dass Österreich sein Triple-A bei Standard & Poor's verloren hat. Österreichische Banken und Versicherungen haben rund 40 Milliarden Euro an Krediten im Nachbarland vergeben. Die gute Nachricht: Selbst bei einer Staatspleite Ungarns wäre nur ein Teil dieser Ausleihungen betroffen, weil es sich größtenteils um Darlehen an Private handelt.

Die schlechte: Mit einer schnellen Entspannung ist im Nachbarland nicht zu rechnen. Nach der EU-Kommission hat inzwischen auch der Internationale Währungsfonds (IWF) den Druck auf Budapest erhöht. Der IWF fordert als Vorbedingung für den Start der Verhandlungen über einen neuen Hilfskredit für Ungarn die Rücknahme umstrittener Reformen ein. Dabei geht es vor allem um die neuen Bestimmungen für die Notenbank.

Tamás Fellegi, der in Budapest zuständige Minister für die EU/IWF-Gespräche, hatte sich Donnerstagnacht in Washington mit IWF-Chefin Christine Lagarde getroffen. Lagarde hat bei der Unterredung klargemacht, dass sie vor dem Start von Verhandlungen "handfeste" Schritte von Budapests sehen möchte, hieß es in einer IWF-Stellungnahme am Freitag. Das Vorgehen ist ungewöhnlich und nur durch das schlechte Verhältnis zwischen Ungarn und dem Währungsfonds zu erklären. In der Regel stellt der IWF keine Vorbedingungen, sondern legt Auflagen erst bei den Kreditverhandlungen mit dem betroffenen Land fest.

Am Dienstag hatte bereits die EU-Kommission mit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Budapest gedroht. Die Brüsseler Behörde stößt sich neben dem Notenbankgesetz an der Frühpensionierung von Richtern und an der Entmachtung des Ombudsmannes für Datenschutz.

Angesichts des verstärkten Drucks hat Ungarn zumindest rhetorische Bereitschaft zum Einlenken signalisiert. Am Freitag sagte Premierminister Viktor Orbán in einem Radiointerview, dass er damit einverstanden sei, einigen Forderungen der EU nachzukommen. Dabei erwähnt er das Notenbankgesetz. Konkrete Änderungen kündigte er aber nicht an. Zudem meinte der Regierungschef, dass die Kommission bei der Herabsetzung des Pensionsalters der Richter von 70 auf 62 Jahre keine Kompetenzen habe, um sich einzumischen. Kritiker meinen, der Premier wolle mit dem Gesetz unliebsame Richter entfernen.

Aufgrund der Aussagen des IWF gab der Forint am Freitag erneut nach. Auch die Zinsen für zehnjährige ungarische Staatsanleihen näherten sich wieder der Zehn-Prozent-Marke an. (András Szigetvari, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 14.1/15.1.2012)