Paris - "Wir werden mit kühlem Kopf auf eine solche Situation reagieren. Das wird eine Schwierigkeit mehr sein, aber nicht unüberwindbar." Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy gab schon Mitte Dezember die Parole aus, dass nach einem Verlust der französischen Top-Note AAA für die Kreditwürdigkeit nicht die blanke Panik in Paris ausbrechen dürfe. Nun steht die befürchtete Herabstufung durch die US-Agentur Standard & Poor's (S&P) unmittelbar bevor - genau hundert Tage vor der Präsidentschaftswahl. Frankreich ist das dabei wichtigste AAA-Land der Euro-Zone auf der "schwarzen" S&P-Liste.

Zwei Milliarden-Sparpakete hat die konservative Regierung in den vergangenen Monaten aufgelegt, immer mit der Begründung, dass nur so die drohende Herabstufung durch die Rating-Agenturen verhindert werden könne. Die Angst besteht vor allem darin, so stark in den Sog der Euro-Krise zu kommen, dass die Zinsen für französische Staatsschuldpapiere in die Höhe schießen. In einer Reihe mit Krisenländern wie Italien und Spanien will das Land auf keinen Fall stehen.

"Dreifaches Scheitern für Sarkozy"

Der Verlust der Top-Note AAA ist für Sarkozy ein schwerer Schlag: Rund drei Monate vor der Präsidentenwahl wird ihm angelastet, dass er Frankreich nicht auf einer Ebene mit AAA-Ländern wie Deutschland halten kann. "Das ist ein dreifaches Scheitern für Sarkozy", verkündeten die Sozialisten am Freitag prompt: ein Scheitern in der Wirtschaftspolitik, bei der Krisenbewältigung und in der Sozialpolitik. Den Franzosen droht nun noch eine weitere Sparrunde, denn eine Herabstufung geht in der Regel mit steigenden Zinsen für staatliche Neuverschuldungen einher. Angesichts des bereits hohen Haushaltsdefizits und des schwächelnden Wachstums müssten dann zusätzliche Löcher gestopft werden.

Die Empörung war in Frankreich bereits im November groß, als Standard & Poor's versehentlich eine Mitteilung herausgegeben hatte, wonach Frankreich bereits herabgestuft sei. Als Entschuldigung führte die US-Agentur an, es habe einen "technischen Fehler" gegeben. Frankreichs Finanzminister François Baroin gab sich damit nicht zufrieden und forderte eine Untersuchung. Denn der Vorfall nährte den Verdacht, dass eine Mitteilung von S&P zu Frankreich schon fertig in der Schublade lag.

S&P erwartet Wachstum von 0,5 Prozent

Alle drei großen Rating-Agenturen wiesen Frankreich seit dem Herbst auf das Risiko eines Verlustes der Top-Bonität hin. S&P ging für 2012 für das Land nur noch von einem Wachstum von 0,5 Prozent aus, der Hälfte der staatlichen Erwartung. Dazu kommt die Verwicklung französischer Großbanken in die europäische Schuldenkrise, mit der Gefahr, dass die Institute weitere staatliche Finanzspritzen benötigen könnten - auch wenn die Regierung dies seit Monaten zurückweist. Auch beim Defizit erwartete S&P einen höheren Wert von 4,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für das laufende Jahr statt der von der konservativen Regierung angepeilten 4,5 Prozent.

Die S&P-Führung für Europa wies Anfang Januar beschwichtigend darauf hin, dass eine Herabstufung nicht automatisch bedeuten müsse, dass die Zinsen für das Land steil ansteigen müssten. Trocken fügte Jean-Michel Six von S&P in der Zeitung "Le Parisien" aber hinzu: "Trotz des Dreifach-A behandeln die Investoren Frankreich heute schon so, als ob es mit Dreifach-B eingestuft wäre." Hatte S&P Anfang Dezember doch gedroht, dass Frankreich sogar gleich um zwei Stufen herabgestuft werden könnte. Nun ging es laut EU-Kreisen erst einmal um eine Stufe.

Wie Frankreich nun aus dem "Teufelskreis" aus Herabstufung, höheren Zinsen, zusätzlichen Finanzlasten für den Staat und somit einer weiteren drohenden Herabstufung herauskommen kann, ist offen. Präsidentenberater Henri Guaino warnte schon im Dezember eindringlich: "Das einzige Risiko besteht darin, zu einem Ziel der Spekulation zu werden." Sonst könne ein Land, das seine Schulden eigentlich problemlos bezahlen könne, am Ende finanziell stranguliert werden. (APA)