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Der Iran exportiert etwa 2,3 Millionen Fass (159 Liter) Rohöl pro Tag, der überwiegende Teil geht per Tanker durch die Straße von Hormus.

Foto: AP/Frank Hormann
Grafik: Standard

Wien - Die EU kommt verschärften Sanktionen gegen den Iran wegen dessen Atomprogramms einen großen Schritt näher - und sorgt für zusätzliche Nervosität auf den Ölmärkten. "Da braut sich etwas zusammen, dessen Auswirkungen schwer zu prognostizieren sind", sagte Johannes Benigni vom Beratungsunternehmen JBC Energy, dem STANDARD.

Die EU-Außenminister werden den auf Diplomatenebene grundsätzlich vereinbarten Boykott voraussichtlich bei ihrem Treffen am 23. Jänner beschließen. Dabei geht es vorrangig um eine Einfuhrsperre für Öl und petrochemische Produkte. Aus Angst vor einer Verteuerung der Energieimporte dürfte es allerdings zu einer sechsmonatigen Frist kommen.

Keine Einigung gibt es über eine Verschärfung der Sanktionen im Finanzbereich, in dem Frankreich und Großbritannien auf ein Einfrieren der Gelder der iranischen Zentralbank drängen. Angeblich sträubt sich Deutschland dagegen.

Der weit sensiblere Ölbereich ist besonders für die finanziell angeschlagenen Schuldenstaaten heikel. Griechenland, das beträchtliche Mengen seines Ölbedarfs aus Iran bezieht, konnte laut involvierten Kreisen bisher Öl vom Mullah-Regime ohne Vorauskasse beziehen. Sollte die Versorgung aus Teheran wegfallen müssen, würde dies das strapazierte Budget Athens zusätzlich belasten, meinen Kenner der Szene.

Ausnahme für Italien

Italien, innerhalb der EU überhaupt der größte Kunde des Iran, muss wiederum um die Begleichung von Altschulden zittern, die Teheran über Öllieferungen abstottert. Das Land wird dem Vernehmen nach vom EU-Einfuhrstopp für Rohöl ausgenommen. Denn bei einem Boykott würde Rom auf den Forderungen sitzenbleiben. Nach Angaben der Energy Information Agency (EIA; US-Energiebehörde) bezieht Italien gleichauf mit Spanien 13 Prozent seines Importbedarfs an Rohöl aus Iran. Den größten Anteil an iranischem Öl im Importmix hat mit 51 Prozent die Türkei.

Ein Einfuhrverbot der EU könnte Iran empfindlich treffen. Mit einer Importmenge von knapp 600.000 Fass (159 Liter) am Tag ist die EU neben China der wichtigste Absatzmarkt für iranisches Öl.

Nicht nur Europa will durch Zurückfahren der Ölimporte aus Iran Druck auf die Machthaber in Teheran aufbauen, auch Japan hat auf Drängen der USA angekündigt, die Einfuhr iranischen Öls weiter zu drosseln. Ministerpräsident Yoshihiko Noda sagte, er teile die Sorgen über das iranische Atomprogramm. Er sei aber auch besorgt, dass die Sanktionen der globalen Konjunktur ernsthaft schaden könnten.

Die USA haben unterdessen den Iran davor gewarnt, die für die internationalen Öltransporte wichtige Straße von Hormus zu blockieren. Über "geheime Kommunikationskanäle" habe die US-Führung die oberste Autorität im Iran, Religionsführer Ayatollah Ali Khamenei, kontaktiert, berichtete die "New York Times" am Freitag unter Berufung auf Mitglieder der US-Regierung. Mit einer Seeblockade würde die "rote Linie" überschritten - und das würde eine US-amerikanische Reaktion provozieren.

US-Finanzminister Timothy Geithner tourte durch mehrere Länder Ostasiens, um den Kreis der boykottwilligen Länder zu vergrößern, zeichnet sich eine Verschärfung der Gangart gegenüber nicht kooperationswilligen Unternehmen ab. Washington hat Sanktionen gegen drei Unternehmen in China, Singapur und in den Vereinigten Arabischen Emiraten verhängt, die mit dem Iran Geschäfte machen.

Der Preis der Nordseesorte Brent lag am Freitag über der Marke von 110 Dollar das Fass. (Günther Strobl, Andreas Schnauder, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 14.1/15.1.2012)