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Bankenverbandschef Charles Dallara pocht auf bessere Konditionen - und spielt den Hedgefonds womöglich in die Hände.

Foto: Reuters/John Kolesidis

Athen/Brüssel - Die Gespräche zwischen der griechischen Regierung und den Gläubigerbanken über einen Forderungsverzicht sind am Freitag unterbrochen worden. Der Internationale Bankenverband IIF erklärte, die Pause solle "Zeit für ein Nachdenken über die Vorteile eines freiwilligen Ansatzes" geben. Finanzminister Evangelos Venizelos sagte, die Gespräche würden vermutlich am Mittwoch fortgesetzt. Es hake aber noch an einigen Ecken.

Auch der IIF nannte Mittwoch als neuen Termin. Beteiligte erklärten, die Banken könnten per Gesetz zu einem erheblichen Forderungsverzicht gezwungen werden. Ein Verhandlungsteilnehmer erklärte, die Unterhändler seien inzwischen allgemein weniger optimistisch, was die Chancen auf eine Einigung angehe. Bei einem Scheitern drohten nach Einschätzung der Regierung in Athen katastrophale Folgen für Griechenland und Europa.

Griechischen Quellen zufolge pochen die Banken auf einen höheren Zinssatz der neuen Anleihen, die nach dem Schuldenschnitt von 50 Prozent die alten ersetzen sollen, und um Garantien, dass es keinen weiteren Schnitt geben werde. Außerdem werde verhandelt, ob bei möglichen juristischen Verwicklungen griechisches oder - wie die Banken fordern - britisches Recht gelten soll. Die Umschuldung gilt als entscheidender Baustein für das zweite, 130 Milliarden Euro schwere Hilfsprogramm für Griechenland und ist auch Voraussetzung für weitere Hilfskredite. Das Paket ist auch Anlass für den Besuch der Experten von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) nächster Woche in Athen.

Euro-Austritt laut Bankchef Treichl möglich

Erste-Bank-Chef Andreas Treichl hält den Austritt Griechenlands aus der Eurozone für realistisch. "Griechenland ist in einer desperaten Situation. Das Land kann sich leichter erholen, wenn es aus dem Euro draußen sein wird" wird er von der "Presse" (Samstagsausgabe) zitiert.

Hedge-Fonds wollen Kasse machen

Aber selbst bei einer Einigung mit dem IIF hätten die einzelnen Investoren bis zu sechs Wochen Zeit um zu erklären, ob sie überhaupt am Schuldenschnitt teilnehmen. Vor allem Hedge-Fonds weigern sich nach Medienberichten und setzen entweder auf die volle Auszahlung der griechischen Schulden oder die Auszahlung aus Ausfallversicherungen. Deswegen könnte der Schuldenschnitt die angepeilten 100 Milliarden Euro verfehlen. Dann wären zusätzliche Hilfen für Athen nötig.

Das Kalkül der primär in London ansässigen Finanzmanager ähnelt an Schach. Dass sie selbst bei einem 50-prozentigen Haircut noch einen Gewinn einstreichen würden, ist ihnen nicht Geschäft genug. Dabei wäre bei Einkaufspreisen von 20 bis 45 Cent pro Euro einer griechischen Staatsanleihe die Rendite lukrativ. Ihre Rechnung geht aber so: Falls Griechenland pleitegehen sollte, werden Kreditausfallversicherungen (CDS) fällig - die den gesamten Nominalwert der Hellas-Bonds ersetzen.

Etliche Hedgefonds, die den Banken die toxischen Anleihen abgekauft und sich zusätzlich mit CDS eingedeckt haben, wetten anscheinend genau darauf. Für sie wäre es viel lukrativer, wenn die Gespräche über die Beteiligung privater Gläubiger an der Griechenland-Rettung scheitern und möglicherweise schon im März die Zahlungsunfähigkeit des Landes ausgerufen wird.

"Ich denke, wir sitzen das aus"

"Ich denke, wir sitzen das aus", bringt es ein Hedgefonds-Manager auf den Punkt. "Die Politik in Europa ist so langsam. Es kann ewig dauern, bis die eine Lösung haben. Das hier ist wahrscheinlich die einzige Gelegenheit für Investoren, voll ausgezahlt zu werden." Für die Politik aber wäre es ein großer Gesichtsverlust, die Hedgefonds wegen der CDS davonkommen zu lassen. "Das ist genau das, was die Staaten hassen", sagt ein Insider, der Einblick in die Gläubigerverhandlungen hat.

Die Beträge, um die es in Griechenland geht, sind gewaltig. Von den Staatsschulden liegen mehr als 200 Milliarden Euro bei privaten Gläubigern - Banken, Versicherer, Fonds aller Art. Wie viel davon auf Hedgefonds entfällt, darüber rätselt selbst die Branche. Bis zu 25 Prozent der privaten Gläubiger konnten bisher nicht identifiziert werden, heißt es in Finanzkreisen. Das könnte erklären, warum die ursprünglich geplante Beteiligungsquote von 90 Prozent aller Voraussicht nach nicht erreicht wird. Die Krux: Stimmen weniger Gläubiger dem geplanten Forderungsverzicht von 50 Prozent zu, dann kommen die erhofften 100 Milliarden Euro nicht zusammen.

Politik kennt Motive nicht

Die im Verborgenen agierenden Hedgefonds sind schwer zu fassen. Mehrere Personen aus dem Umfeld der Gläubigerverhandlungen verweisen unter anderem auf die beiden amerikanischen Größen York Capital Management und Och-Ziff Capital Management, die Kundengelder im zweistelligen Milliarden-Dollar-Bereich verwalten. Die Hedgefonds hätten zusammen inzwischen so viele Hellas-Bonds angehäuft, dass sie mit ihrem Gewicht die Gläubigerbeteiligung leicht torpedieren könnten, heißt es. Die Firmen selbst äußern sich nicht dazu.

Fragen werfen allerdings zwei andere Beispiele auf: So sitzen die beiden Hedgefonds Marathon Asset Management und Greylock Asset Management mit am Verhandlungstisch für die Gläubigerbeteiligung. Beide Firmen sind auf den Ankauf notleidender Bonds aller Art spezialisiert. Gut möglich, dass sie sich am Ende mit einem kleinen Gewinn zufriedengeben statt hoch zu pokern, also 50 Prozent statt 100 Prozent nehmen. Aber Genaues weiß man nicht. (APA)