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Vater mit Kind vor illegalem Kohletagbau in Indien. Verringerungen des Rußausstoßes könnten Millionen Menschenleben retten.

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Washington/Wien - "Rein technisch geht es", sagt Mark Jacobsen, Wissenschafter von der kalifornischen Universität Stanford. "Es ist nur eine Frage der politischen und wirtschaftlichen Willenskraft." Der Atmosphärenforscher ist einer jener 24 Experten aus führenden Klimaforschungsinstituten rund um den Globus, die sich zusammengetan haben, um die besten und effektivsten Maßnahmen zum Klimaschutz zu bestimmen.

Das Problem bei der "Reinigung" der Atmosphäre liegt vor allem darin, dass Kohlendioxid, das wichtigste Treibhausgas, für Jahrhunderte in der Atmosphäre bleiben wird. Schadstoffe wie Ruß oder Methan hingegen bauen sich wesentlich schneller ab. Könnte man also ihren Ausstoß reduzieren, dann würde das bereits 2050 günstige Wirkungen zeigen - und zwar nicht nur für das Klima, sondern auch für die Landwirtschaft und die Gesundheit, wie die Wissenschafter errechnet haben.

14 Maßnahmen aus 400

Unter der Leitung des Nasa-Klimaforschers Drew Shindell und unter Mitwirkung von Markus Amann und Zbigniew Klimont, die beide am Internationalen Institut für Systemanalyse (Iiasa) in Laxenburg bei Wien arbeiten, wurden zunächst insgesamt 400 mögliche Eingriffe zur Reduktion der Ruß- und Methan-Emissionen auf ihre Wirkungen hin analysiert.

Am Ende blieb eine Liste mit den 14 wichtigsten Maßnahmen übrig. Zu den sieben effektivsten Strategien gegen den Methanausstoß gehören unter anderem technisch machbare Veränderungen beim Kohleabbau, bei der Nutztierhaltung oder der Reisgewinnung. In Sachen Rußvermeidung umfasst die Liste vor allem Maßnahmen gegen die unvollständige Verbrennung von Treibstoffen wie Diesel, das Verbot des Abfackelns landwirtschaftlicher Abfälle oder die Verbesserung der Effizienz von Kochstellen und Heizungen.

Wie die Forscher errechneten, wären die Vorteile dieser bis 2030 durchwegs umsetzbaren Verringerungen des Methan- und Rußausstoßes beträchtlich. So berichten die Klimaforscher im US-Wissenschaftsmagazin Science (Bd. 335, S. 183), dass allein dank reduzierter Methanemissionen die globale Erwärmung bis zum Jahr 2050 um etwa ein halbes Grad Celsius verringert werden könnte. Zusätzlich würde sichergestellt, dass die Erwärmung zumindest für die nächsten 60 Jahre bei höchstens 2 Grad bleibt.

Dazu kommen aber auch noch höchst erfreuliche Nebenwirkungen: Allein durch den Rückgang der Luftverschmutzung im Freien durch weniger Ruß würden jährlich 700.000 bis 4,7 Millionen Menschen weniger eines vorzeitigen Todes sterben. Zudem würden die gar nicht teuren Maßnahmen zu einer Steigerung der globalen Ernteerträge um bis zu 135 Millionen Tonnen pro Saison führen.

Gewinne für die ganze Welt

Grundsätzlich würden alle Regionen der Welt davon profitieren. Die größten Gewinne für die Landwirtschaft und die Gesundheit ihrer Bevölkerung könnten aber die Länder in Asien und dem Nahen Osten erwarten.

"Konkrete Emissionsreduktionen haben, wie wir zeigen konnten, also auch enorme Vorteile für die menschliche Gesundheit und Landwirtschaft", resümiert Studienleiter Drew Shindell. Bleibt nur mehr, dieses Win-Win-Szenario auch umzusetzen. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.01.2012)