Salzburg - Mit einem weit verbreiteten Vorurteil räumte nun ein Psychologenteam der Universität Salzburg auf, nämlich, dass Psychotherapie für ältere und alte Menschen nicht mehr viel bringe. In einem österreichweit einzigartigen Projekt zeigten die Forscher auf, dass vor allem 80-Jährige Psychotherapie in Anspruch nehmen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Bei etwa 75 Prozent der behandelten Patienten konnte eine deutliche Verbesserung der Befindlichkeit und Lebensqualität erzielt werden.

In Zeiten verknappter Ressourcen auf dem Feld der sozialen und gesundheitlichen Leistungen reden nüchterne Rechner vom "Alters-Plafond", ab dem sich manche Leistungen nicht mehr lohnen sollen. Welchen Nutzen hat also Psychotherapie in der Altersgruppe über 65? Unter der Leitung von Urs Baumann und Anton-Rupert Laireiter vom Institut für Psychologie der Universität Salzburg behandelten 20 Psychologen und Psychotherapeuten seit 1997 insgesamt 72 Bewohner der städtischen Seniorenheime.

Kein Altersplafond

Eine erste Evaluation zeigte nun, dass es für erfolgreiche Psychotherapie keinen "Alters-Plafond" gibt. "Von den etwa 1.000 Bewohnern der fünf städtischen Salzburger Seniorenheime nahmen bisher rund sieben Prozent unser Therapeuten-Team in Anspruch. Nachfrage nach Psychotherapie im Altersbereich zwischen 65 und 95 Jahren bestand besonders bei den 80-Jährigen", so Laireiter.

Depressionen, depressive Verstimmungen, zwischenmenschliche Probleme, Einsamkeitsgefühle, Anpassungsprobleme an die Heimsituation und Selbstmordgedanken. Das waren die häufigsten Beschwerden. Die Therapien dauerten im Schnitt etwa 30 Stunden und brachten in der ersten Projektphase bei 75 Prozent der Patienten eine deutliche Verbesserung der Befindlichkeit und Lebensqualität. "In 25 bis 30 Prozent der Fälle konnten Krankenhausaufenthalte verkürzt werden, so dass es hier zu Einsparungen kam", so Laireiter.

Internationale Studien schätzen, dass etwa zwei von zehn älteren Menschen in der westlichen Welt unter stärkeren Belastungen wie Einsamkeit oder psychischen Problemen leiden. Meist findet man diese Patienten derzeit in Arztpraxen, denn es gibt für ihre Altersgruppe kaum eine geeignete psychotherapeutische Versorgung. Andererseits führt die gestiegene Lebenserwartung zu einer rapiden Zunahme älterer Menschen mit der Gefahr einer Überlastung des medizinischen Systems. (APA)