Wien - Vor zehn Jahren wurden von den USA die ersten Gefangenen in das Terroristen-Gefängnis Guantanamo auf Kuba verfrachtet. Der Völkerrechtsexperte und ehemalige UNO-Sonderberichterstatter für Folter, Manfred Nowak, forderte anlässlich des Jahrestags in einem Interview mit der Tageszeitung "Kurier" (Mittwoch-Ausgabe) erneut die Schließung des Gefangenenlagers und ein "Ende der Rechtlosigkeit".

"Das Ziel kann nur bleiben, Guantanamo zu schließen", erklärte Nowak gegenüber dem "Kurier", räumte aber ein: "Es ist nicht leicht." US-Präsident Barack Obama seien reihenweise Prügel in den Weg gelegt worden, so der Experte. Der Demokrat Obama hatte das Lager von seinem Vorgänger, dem Republikaner George W. Bush, übernommen und wollte es ursprünglich zusperren.

Nowak: "Er hat keine Unterstützung des Kongresses - und nur schwache Unterstützung aus Europa. Ich glaube nicht, dass er in seiner ersten Amtszeit noch einmal probieren wird, das Lager zu schließen. Und es ist fraglich, welche Priorität es in einer möglichen zweiten Amtszeit haben wird."

Guantanamo sei zum Symbol der Rechtlosigkeit der Bush-Regierung geworden, weil weder amerikanisches noch internationales Recht angewandt wurde, sagte Nowak. "Unter Obama gibt es zumindest keine Hinweise auf Folter mehr. Der rechtlose Zustand aber, der ist geblieben. Eine Lösung der Problematik ist ausgeblieben."

Allerdings sei auch Europas Standpunkt nicht immer klar gewesen: "Wir wollten Guantanamo nicht, warum sollten wir die Suppe auslöffeln? Der Amtsantritt Obamas kam in der Sache gewissermaßen einem Neustart gleich. Aber die europäische Haltung war sehr uneinheitlich. Es gab keine klare Unterstützung für die Schließung durch Aufnahme einer größeren Zahl von Ex-Guantanamo-Häftlingen in Europa. Das war politisch sehr unweise."

Das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts sei, die Menschenrechte betreffend, "katastrophal" gewesen. "Es war erstmals, dass eine Regierung Folter zugibt und das absolute Verbot von Folter infrage gestellt hat. Folter wurde salonfähig gemacht. Ihre Grausamkeit wurde systematisch verniedlicht." (APA)