Für die Teilnehmerinnen des Pflegehilfekurses wird der Unterricht in Gebärdensprache gedolmetscht. Zusätzlich werden die Vorträge mit einer Kamera festgehalten.

Foto: Regine Hendrich

Wien - Christoph Kapeller erklärt gerade, wie verhindert werden kann, dass Patienten wund liegen, und weist die Teilnehmer des Pflegehilfekurses darauf hin, dass auch Rollstuhlfahrer an den Händen Druckgeschwüre entwickeln können, als in der ersten Reihe Gelächter losbricht. "Ich habe die Gebärde für Rollschuhfahrer benützt", sagt die Gebärdendolmetscherin Lydia Sammer lachend zum Vortragenden.

Erstmals absolvieren auch fünf gehörlose oder schwerhörige Frauen die einjährige Ausbildung im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder im 2. Bezirk - gemeinsam mit zwölf Hörenden. Eine Kamera filmt die Stunde mit, die Teilnehmerinnen können sie nachträglich noch einmal anschauen.

Zweiter Dolmetsch übersetzt

Isabella De Cilia schlägt in ihrem Fachwörterbuch den Begriff "Exsikkose" nach und gebärdet für den zweiten Dolmetsch Panto Trivkovic die Übersetzung. "Austrocknung", sagt dieser. "Stimmt", antwortet Kapeller.

De Cilia hat in ihrer Jugend Schneiderin gelernt. Einer der wenigen Berufe, der für Gehörlose damals möglich war, obwohl er sie überhaupt nicht interessiert hat.

Später hat die heute 46-Jährige als Kindergartenhelferin gearbeitet und hat einen Buchhaltungskurs gemacht. "Ohne Berufserfahrung habe ich aber keinen Job bekommen." Ihrem Interesse an medizinischen Themen kann sie im Pflegehilfekurs nun nachgehen.

Atmung nicht nur mit dem Gehör erkennen

Zweifel an ihrer Eignung begegnen den Frauen immer wieder. So werde sie oft gefragt, schildert Joanna Tolkacz, wie gehörlose Pflegerinnen denn bemerken würden, wenn sich die Atmung eines Patienten verändert - "das erkennt man doch nicht nur mit dem Gehör". Tolkacz, die selbst schwerhörig ist und auch in Lautsprache kommuniziert, wird nach dem Ende der Ausbildung auch mit hörenden Patienten arbeiten, Isabella De Cilia vorwiegend mit gehörlosen. Die Kosten für den Kurs und die Dolmetscher hat das Bundessozialamt übernommen.

Bei den Barmherzigen Brüdern gibt es seit zehn Jahren eine Gehörlosenambulanz. Für Pflegedirektorin Barbara Zinka war es daher logisch, Gehörlose auch für die Pflege auszubilden - "auch wenn die Vorbereitung für den Kurs ein Jahr gedauert haben." Doch, so Zinka, sei es für gehörlose Menschen gerade im Alter wichtig, sich mit ihren Pflegerinnen in Gebärdensprache unterhalten zu können. (Bettina Fernsebner-Kokert, DER STANDARD, Printausgabe, 10.1.2012)