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"Im Jahr 2009 waren nur acht Prozent aller denkmalgeschützten Gebäude Sakralbauten, aber die Hälfte des gesamten Denkmalschutz-Budgets wurde dafür ausgegeben."

Foto: APA/Hochmuth

50 Prozent des Denkmalschutzes werden für sakrale Bauten ausgegeben, sagt Heinz Oberhummer von der Initiative "Religion ist Privatsache". Er ist der Meinung, die Kirche habe schon genug Geld und sei nicht auf zusätzliche Steuergelder von Ausgetretenen angewiesen. Oberhummer verwehrt sich gegen den Begriff Kirchensteuerflüchtlinge: "Die meisten Leute, die ausgetreten sind, sind es nicht aus finanziellen Gründen, sondern weil sie mit der Kirche nichts mehr am Hut haben."

derStandard.at: Sie haben den Vorschlag des Obmann des oberösterreichischen Bauernbundes, Maximilian Hiegelsberger, dass Ausgetretene Kirchensteuern zahlen sollen, als "verfassungswidrige Zwangsfinanzierung" bezeichnet. Warum?

Oberhummer: Man kann Leute, die ausgetreten sind, nicht bestrafen. Das ist sicher verfassungswidrig. Hiegelsberger bezeichnet die Ausgetretenen als Kirchensteuerflüchtlinge und impliziert, dass Leute, die austreten, das nur wegen der Kirchensteuer tun. Und nicht aus ihren Überzeugungen heraus. Die meisten Leute, die ausgetreten sind, sind es aber nicht aus finanziellen Gründen, sondern weil sie mit der Kirche nichts mehr am Hut haben. Der Vorschlag ist nicht gut überlegt, extrem unfair und unobjektiv.

Die Kirchensteuer von Ausgetretenen einzuheben, wäre außerdem ein enormer organisatorischer Aufwand. Man müsste die Melderegister durchforsten, wer ausgetreten ist. Und was ist mit solchen, die noch nie einer Religionsgemeinschaft angehört haben? Wegen des Gleichheitsgrundsatzes müssten alle steuerpflichtig sein – auch die, die einer anderen Religionsgemeinschaft angehören.

derStandard.at: Hiegelsberger argumentiert, dass ein Finanzierungsproblem entsteht, wenn immer mehr Leute aus der Kirche austreten. Ist das so?

Oberhummer: Das glaube ich nicht. Die Kirche hat genug Geld. Sie erhält etliche Sonderförderungen. Im Vorjahr hat die Stadt Wien 200.000 Euro für die Sanierung der Kirche am Karlsplatz zur Verfügung gestellt. Die Stadt Krems zahlt nächstes Jahr 100.000 Euro für Kirchensanierungen. Es kommt nicht nur auf die Bundeszuschüsse an, es gibt unzählige Landes- und Gemeindezuschüsse.

derStandard.at: Trotzdem brauchen die Kirchen das Geld für die Denkmalpflege, meint Hiegelsberger.

Oberhummer: Das Argument zählt nicht. Im Jahr 2009 waren nur acht Prozent aller denkmalgeschützten Gebäude Sakralbauten, aber die Hälfte des gesamten Denkmalschutz-Budgets wurde dafür ausgegeben.

Die Kirchen erhalten schon genug Gelder – mehr als andere denkmalgeschützen Bauten. Das wird aus dem allgemeinen Steuer-Aufkommen finanziert, von allen Steuerzahlern – unabhängig davon, welcher Religionsgemeinschaft sie angehören. Wir finanzieren jetzt schon mit! 50 Prozent des Denkmalschutzes werden für sakrale Bauten ausgegeben.

derStandard.at: Sie kritisieren, dass auch katholische Schulen und Kindergärten mit öffentlichen Geldern subventioniert werden.

Oberhummer: Da fließt das Geld der Steuerzahler hinein – auch von den Konfessionsfreien. Es handelt sich um zirka eine Milliarde Euro pro Jahr, die für Religionslehrer oder Kindergärten aufgewendet wird. Das wird vom Bund gezahlt und nicht von den Kirchen.

derStandard.at: Wozu werden die Gelder des Kirchenbeitrages verwendet?

Oberhummer: Der Großteil für Personalkosten. Die Kirche zahlt zum Beispiel auch keine Grundsteuer. Sie ist davon ausgenommen. Das ist gar nicht wenig. Dieses Privileg haben nur die religiösen Vereinigungen und sonst keine Institution.

derStandard.at: Wie hoch sind die Ersparungen dadurch?

Oberhummer: Die Grundsteuerbefreiung bringt der katholischen Kirche nach einer Schätzung 60 bis 70 Millionen Euro jährlich. Das ist ungefähr ein Drittel dessen, was die römisch-katholische Kirche nach eigenen Angaben jährlich insgesamt an Baumaßnahmen ausgibt.

derStandard.at: Sie sind einer der Proponenten des Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien. Haben Sie schon genug Unterstützungserklärungen?

Oberhummer: Es fehlen noch ein paar hundert Unterschriften. Wir sind schon ein bisschen enttäuscht, dass nicht mehr unterzeichnet haben. Aber am Land ist es wirklich schwierig, auf die Gemeinde zu gehen und das Kirchenvolksbegehren zu unterstützen. Es ist einfacher, von der Kirche auszutreten, da braucht man nur ein E-Mail an den Bezirk zu schicken. Man muss nicht persönlich auf die Gemeinde gehen. Die Leute treten eher aus der Kirche aus, als fürs Kirchenvolksbegehren zu unterschreiben. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 5.1.2012)