Tranquillityit (rot) kommt nur als winziges Körnchen vor.

Foto: Geology, B. Rasmussen et al.

Bentley/Wien - Der Name des Minerals stammt direkt vom Mond. Gefunden wurde Tranquillityit nämlich erstmals im Mare Tranquillitatis, wo im Juli 1969 Apollo 11 landete. Die Astronauten brachten damals einige Gesteinsproben mit zur Erde, wo Geologen dann drei neue Mineralien darin identifizierten: Armalcolit (bekannt nach Armstrong, Aldrin, und Collins), Pyroxferroit und eben Tranquillityit.

In den nächsten paar Jahren fand man die ersten beiden Mineralien dann auch auf der Erde. Doch Tranquillityit, das aus Eisen, Silizium, Zirkonium und Titan besteht, aber auch Spuren von seltenen Elementen wie Yttrium enthält, blieb 40 Jahre lang unauffindbar - sieht man von Fragmenten ab, die man in einem Meteoriten in Nordwestafrika aufspürte.

Das rötlich-braune Mineral kommt nur in kleinsten Mengen vor und ist wirtschaftlich einigermaßen bedeutungslos. Für Geologen hat es hingegen einigen Wert: Messungen der Anteile seiner radioaktiven Isotopen können dazu beitragen, das Alter von anderen Gesteinen ziemlich genau zu bestimmen.

Nun allerdings ist der Geologe Birger Rasmussen von der Curtin Universität in Bentley (Australien) gemeinsam mit Kollegen in Westaustralien fündig geworden, wie er in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts "Geology" berichtet. Die Forscher hatten Gestein unter die Lupe genommen, das kaum Umwandlungsprozesse im Erdinneren durchgemacht hat. Denn Tranquillityit verwandelt sich unter starkem Druck und großer Hitze rasch in andere Mineralien.

Für Rasmussen ist es einerseits erstaunlich, dass man Tranquillityit nicht schon früher auf unserem Planeten entdeckte, "da seine Chemie so außergewöhnlich auch wieder nicht ist". Andererseits verwies er im Online-Medium "Science Now" darauf, dass Tranquillityit nur in Form von winzigen Nadeln vorkommt, die etwa 150 Mikrometer lang sind - das entspricht etwa der Breite eines dicken menschliches Haares.

Ein weiterer möglicher Grund für die späte Entdeckung von Tranquillityit auf unserem Planeten liege darin, dass die meisten Gesteinsproben nicht jenen teuren, aber zur eindeutigen Bestimmung nötigen Analysemethoden unterzogen werden wie die Proben von Mond. Robert Hazen, ein US-Geowissenschafter, der an der Studie nicht beteiligt war, verweist schließlich noch auf die speziellen Bedingungen, die es zur Bildung des Minerals braucht.

Dennoch: Rasmussen hat Tranquillityit bereits an sechs verschiedenen Orten in Westaustralien nachgewiesen und vermutet, dass das Mineral weit häufiger auf unserem Planeten vorkommt als bisher vermutet. (tasch/DER STANDARD, Printausgabe, 5. 1. 2012)