Sofia - Die bulgarisch-orthodoxe Kirche bekämpft weiterhin die Untersuchung ihrer Vergangenheit in Geheimdienstakten. Mit einem Boykott der Kommission zur Sichtung der Stasiakten (KLS) will sie deren Arbeit untergraben. Indem die Kirche sich weigerte, Namen und Daten von hohen geistlichen Würdenträgern an die Behörde weiterzugeben, verzögert sie seit November 2011 die vom Gesetz vorgeschriebene "Durchleuchtung" von Patriarchen, Bischöfen, Äbten.

Zunächst hatte sich die Bischofskonferenz bereiterklärt, die Daten anzugeben. Dann versuchte sie aber, die Überprüfung mit Hilfe von Juristen zu umgehen. Ein Unterstützungs-Appell an den scheidenden sozialistischen Staatspräsidenten Georgi Parwanow, dem eine Zusammenarbeit mit den früheren kommunistischen Geheimdiensten nachgewiesen wurde, verhallte ungehört. Nachdem die KLS mitteilte, die geforderten Daten über die staatlichen Behörden in Erfahrung zu bringen, lenkten die Bischöfe jedoch Ende 2011 ein.

"Unheilbare Wunden"

Der Metropolit von Newrokop, Nataniel, warnte allerdings, dadurch sei die Einheit der Kirche gefährdet. Er sagte "unheilbare Wunden" in der Glaubwürdigkeit der Kirche in der Bevölkerung voraus. Auch der Bischof von Warna, Kyrill, zeigte sich zurückhaltend. Beiden Bischöfen wird nachgesagt, dass sie in den 80er Jahren als Theologiestudenten und junge Mönche wegen Spionagevorwürfen aus Griechenland ausgewiesen wurden.

Den bisher letzten Versuch, die Überprüfung der KLS zu stoppen, unternahm zu Neujahr eine Gruppe von 25 bekannten Intellektuellen. Sie beteuerten in einer Erklärung ihre Unterstützung für die bulgarisch-orthodoxe Kirche, der Schaden zugefügt werden solle. Medien verwiesen darauf, dass die Intellektuellen überwiegend aus dem linken Lager kommen und im Umfeld Präsident Parwanows zu finden sind.

Bisher ist bekannt, dass zwei von insgesamt zwölf bulgarischen Bischöfen Stasiagenten waren: Der Metropolit von Stara Sagora Galaktion war vor Jahren bei einer Überprüfung der Parlamentsabgeordneten "durchleuchtet" worden. Er war in der 90er Jahre - noch als Weihbischof - Abgeordneter der Sozialisten. Der bulgarische Bischof für Amerika und Australien, Josif, bekannte sich vor zwei Jahren selbst zu seiner Mitarbeit in den kommunistischen Geheimdiensten und bat um Vergebung. (APA)