Mütter only

Da legen sich die österreichischen Politikerinnen für mehr Papas in Karenz ins Zeug und dann sind just die Wiener Linien nicht auf Linie: Sie sprechen in der Broschüre "Sicher und barrierefrei: Unterwegs mit Babybauch und Kinderwagen" nur die Mütter an. Schon klar, bis auf Thomas Beatie (oder "Junior" Arnie Schwarzenegger) hat man selten einen Mann mit Babybauch gesehen. Aber Kinderwägen? Tragetücher oder sonstige Behelfe zur Kindsbeförderung? Die sind keine weibliche Exklusivität. Väter können gleichfalls für die Mobilität der Kleinen verantwortlich sein, und man staune: Viele wollen das sogar. Und stoßen sich, wie der User, der uns auf die Broschüre aufmerksam gemacht hat, an der Exklusion der Papas - weil er kinderwagenschiebender Vater ist. Im Jahr 2012 ist diese Fassette des Männerbildes tatsächlich Realität.

Foto: Prospekt Wiener Linien

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Eisstockschießen nur was für Eierstocklose

An einem ebenso veralteten Bild bedient sich das Kremser Wellenspiel, wenn es Frauen und Männer - naja, eigentlich Mütter und Väter - mit unterschiedlichen Angeboten an die zugefrorene Donau locken will. Während den Kindern geschlechtsneutraler Spaß beim Eislaufen gegönnt ist, darf sie "trendige Accessoires" shoppen, während er sich beim Eisstockschießen verausgabt. "Männer messen ihre Kräfte, während Frauen sich mit Deko zu beschäftigen haben. Na dann, frohe Winterzeit!", schreibt uns dazu eine Userin, die mit diesen Aktivitäts- und Interessenszuordnungen gar nicht einverstanden ist. Echt, es gibt Frauen, die gern an der frischen Luft sporteln (oder Eisstockschießen). Im Jahr 2012 ist diese Fassette des Frauenbildes tatsächlich Realität.

Foto: APA/dpa/Peter Kneffel

Die Rufzeichen gehen uns aus

Diese Anzeige will das Gegenteil der Überschrift: Unbedingt aus der Rolle fallen! Wir kriegen uns ob der Subversion gar nicht mehr ein und müssen viel mehr Rufzeichen einsetzen! Wie provokativ! Sexy! Tabubruch! Und das im herrgottseligen Österreich! "Ich bin provokativ, sexy und tabulos!" schreit die Werbung! Wir finden ja, dass sie nur die ideenlose Aufbereitung einer angestaubten Pornofantasie ist! Auch im Jahr 2012 ist diese Fassette des Frauenbildes keine Realität, dafür aber der Sexismus, der dahinter steht.

Foto: Werbesujet mkc-totalmedia

Ausweitung der Raumpflegezone

Apropos angestaubt: Ist Ludwig van überhaupt nicht, aber das Wiener Konzerthaus, wenn es ihm die Putzfrauen an den Hals schickt. Wenn sich die "Putzfrauen" als Dirigentinnen entpuppen würden, wäre das ja noch halbwegs witzig und logisch. Aber im sonst so frauenseelenleeren Bereich klassischer Musik gerade dann Frauen hineinzubringen, wenn es zusammenhangslos ums Saubermachen geht - das ist die falsche Tonart. Auch im Jahr 2012 ist das Putzen eine Fassette des Frauenbildes, keine Frage, aber hier völlig deplaziert.

Foto: Wiener Konzerthaus

Es kann nur eine geben

Mutti. Synonym fürs Kümmern, Kochen, Kleidung waschen. Und neuerdings auch fürs Studentenwerk OstNiedersachsen. Weil "viele Studienanfänger heute jünger sind als früher und häufig unselbständiger auftreten." Aha. "Die Loslösung vom Elternhaus scheint manchmal schwer zu fallen." Aja. "Das Studentenwerk übernimmt in dieser Situation Aufgaben ... Die Kampagne spielt mit diesem Klischee: Mutti kümmert sich um das Essen und die Finanzen, hilft bei Wohnungssuche und Kinderbetreuung und steht ihren Sprösslingen mit Rat und Tat zur Seite." Die meinen das echt so! Und hoffen, durch "Retrostil und den Gebrauch der Verkleinerungsform Mutti eine ironische Distanz zu diesem Bild deutlich" zu machen. Da bleibt einer nur mehr, den Kopf zu schütteln über die revolutionären Ideen der Jugend heutzutage. (bto/dieStandard.at, 3.1.2012)

Foto: Kampagnensujet Studentenwerk OstNiedersachsen