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Standard: Welches Konzept haben Sie für die Zukunftswerkstätte? Knoll: Die Identität dieser Werkstätte ist, dass an zukunftsorientierten Problemlösungen gearbeitet wird, und das in einer Kultur ohne Scheuklappen, in Weltoffenheit, in global vernetztem Denken und den Schwerpunkten Politik, Kultur, Wirtschaft und Soziales.

Standard: Wie konkret?
Knoll: Ich will nicht nur Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft an einen Tisch bringen, ich verstehe auch die Betroffenen als Experten. Sie sollen einbezogen werden und mitdiskutieren. Ich denke an enge Kooperationen mit den NGOs oder an die Projekte der Volkshilfe, etwa die Jobbörse.

Standard: Wie sähe das bei der Pensionsreform aus?
Knoll: Das ist keine Reform, sondern die Vorlage zu einem anderen Sparprogramm. Es war typisch für diese Regierung, dass nicht diskutiert wurde, sondern lediglich Werbeeinschaltungen vorgenommen wurden. Die Zukunftswerkstätte hätte die Aufgabe, Betroffene und Experten an einen Tisch zu bringen und die praktischen Auswirkungen dieser Sparpläne darzustellen. Wir haben den Anspruch, einen Teil der praktischen Oppositionsarbeit zu leisten.

Standard: War es klug, ohne Rückversicherung in die SPÖ zu wechseln?
Knoll: Ich habe mit der Zukunftswerkstätte das bekommen, was mir nahe liegt und worauf ich mich sehr freue.

Standard: Ist das nicht wenig im Vergleich zu einem Staatssekretariat, das Sie im Fall einer Regierungsbeteiligung der SPÖ bekommen hätten?
Knoll: Es ist mir nie um Funktionen mit hohem Sozialprestige gegangen. Sonst wäre ich Superintendentin geblieben.

Standard: Wie bewerten Sie das jüngste Anlehnen der SPÖ an die FPÖ und Jörg Haider?
Knoll: Ich sehe das nicht so, dass sich die SPÖ an die FPÖ anlehnt oder annähert, schon gar nicht an Haider. Ich persönlich war und bin in Konflikt mit der FPÖ in konkreten sach- und wirtschaftspolitischen Fragen, Stichwort Ausländerfeindlichkeit. Es war immer ein Markenzeichen der FPÖ, Menschen zu diffamieren, statt eine Auseinandersetzung auf sachlicher Ebene zu suchen. Das hat übrigens auch die ÖVP übernommen, etwa in dem sie das historisch mühsam erworbene Recht auf Streik mit dem Spruch vom "Druck der Straße" madig zu machen versucht. Als Politikerin habe ich mir aber persönliche Animositäten abzuschminken: Wenn ich in einer wichtigen Frage wie der Pensionsreform sachliche Übereinstimmung finde, habe ich das natürlich politisch zu nützen und das erwünschte Ergebnis herbeizuführen.

Standard: Was halten Sie von einer Koalition mit der FPÖ?
Knoll: Unvorstellbar.

Standard: Ist die ÖVP für Sie eine christliche Partei? Knoll: Christliche Motivation in der Politik zeigt sich in besonders hoher Sensibilität für die Schwächsten einer Gesellschaft. Das merke ich in der ÖVP schon lange Jahre nicht mehr.(DER STANDARD, Printausgabe, 7./8./9.6.2003)