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Nicht nur der Klimawandel - im Bild eine Performance von Greenpeace-Aktivisten bei der Klimakonferenz in Durban in Südafrika - bedroht den Aufschwung der afrikanischen Löwenstaaten. Deren Boom steht auf tönernen Füßen.

Foto: AP/Shayne Robinson

Kapstadt / Addis Abeba - Afrika südlich der Sahara boomt weiter. Die Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF) sagen nach über fünf Prozent Wachstum 2011 auch für 2012 einen Anstieg des Bruttosozialprodukts von 5,8 Prozent voraus. In den vergangenen zehn Jahren blühte die Wirtschaft in keinem Erdteil so stark wie hier. "Afrika könnte am Beginn eines Wirtschaftsaufschwungs stehen, so wie China vor 30 Jahren und Indien vor 20", attestierte der IWF jüngst euphorisch. Der britische Ex-Premier Gordon Brown glaubt gar, dass das 21. Jahrhundert ein "afrikanisches" werden könnte. Doch Zweifel sind angebracht.

Der Optimismus mancher Ökonomen speist sich aus vielen positiven Indikatoren. Inflationsraten sanken, Auslandsverschuldungen nahmen ab. Länder wie Ghana, Angola oder Mauritius scheinen mit jährlichen Wachstumsraten von fast zehn Prozent "asiatische Tigerstaaten" wie Taiwan, Südkorea oder Singapur zu kopieren. Schon wird von Afrikas "Löwenstaaten" gesprochen. Der IWF erwartet, dass sich bis 2015 unter den zehn prosperierendsten Ländern der Welt sieben in Afrika befinden - darunter Äthiopien, Mosambik und Tansania.

Bestärkend ist die Entstehung einer breiteren Mittelschicht. 600 Millionen Handys sind nur ein Zeichen für erwachenden Konsumhunger. Weit über 300 Millionen Afrikaner haben heute täglich mehr als zwei US-Dollar zur Verfügung - was in Entwicklungsländern als Armutsgrenze gilt. 60 Millionen Haushalte verfügen laut der südafrikanischen Standard Bank über ein Jahreseinkommen von mehr als 3000 US-Dollar (2317 Euro). Allerdings gehören Elendsviertel nach wie vor zum Bild der explodierenden Metropolen Lagos, Nairobi oder Luanda.

Afrikas Blüte hat aber noch eine Kehrseite: Sie wird hauptsächlich vom Export von Öl, Uran, Titan, Kupfer oder Gold gespeist. Diese Rohstoffe stehen für etwa zwei Drittel aller Exporte, betonte Direktor Emmanuel Nnadozie von der UN-Wirtschaftskommission für Afrika (ECA). Nur äußerst langsam kommt so etwas wie ein afrikanischer Binnenmarkt voran, nur 14 Prozent des Außenhandels findet innerhalb des Kontinents statt. Denn Afrika produziert zu wenig Waren - zur Freude der Importeure aus China, Indien oder Südkorea, die von Handys und Computern bis zu Töpfen und Kleidung alles liefern. Zwar hängt Afrika nicht mehr nur am Tropf Europas und der USA. Die Bande zu China, Indien oder Brasilien machen Afrikas Volkswirtschaften unabhängiger, aber die Exportstruktur blieb qualitativ unverändert: Rohstoffe gegen Waren.

Armut und Elend

Die Probleme von Unterentwicklung und Elend aber sind ungelöst. Der Anteil der Menschen in absoluter Armut sei südlich der Sahara zwischen 1996 und 2005 nur von 59 auf 51 Prozent zurückgegangen, bemängelt der IWF. Eine der Ursachen: Von Ölreichtum wie in Angola oder Äquatorial-Guinea profitieren nur wenige. Nach wie vor lasten Bürgerkriege oder korrupte Eliten auf den Völkern - wie in Somalia, Kongo oder Simbabwe. Es fehlt an Schulen, Straßen, Häfen, Kliniken - und Energie. Zudem wurde die Landwirtschaft vernachlässigt. Mehr als die Hälfte der über eine Milliarde Afrikaner südlich der Sahara lebt von Ackerbau und Viehzucht, aber es fehlt an Technik, Dünger und Lagern. Selbst Mosambik, Sambia oder Nigeria mit fruchtbaren Regionen sind - wie vor 50 Jahren - von Lebensmittelimporten abhängig. (DER STANDARD; Print-Ausgabe, 2.1.2011)