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Gut, dass man Freunde hat: SPÖ-Freundeskreis-Chef Niko Pelinka (li.) im Gespräch mit ÖVP-Freundeskreis-Chef Franz Medwenitsch.

Foto: APA/Schlager

Immerhin, Niko Pelinka, Leiter des SPÖ-"Freundeskreises" im Stiftungsrat, ist nicht ORF-Generalsekretär geworden. Sondern soll "nur" Büro-Chef von Generaldirektor Wrabetz werden. Doch kaum jemand glaubt, dass Pelinka mit 25 Jahren als Bürochef am Ende seiner Karriere angekommen ist. Er hat die Wiederwahl von Wrabetz zum ORF-General orchestriert und soll dafür einen hoch dotierten Posten im ORF bekommen. Sein Mandat als Stiftungsrat hat er bisher nicht zurückgelegt. Auch kein Zeichen für einen sensiblen Umgang mit Unvereinbarkeiten.

Und er ist damit nicht der einzige Stiftungsrat: Der ehemalige ÖVP-Landesgeschäftsführer Helmut Krieghofer wird Landesdirektor im ORF Tirol.

Der rote Technik-Betriebsrat (und Stiftungsrat) Michael Götzhaber wird zum Technischen Direktor bestellt.

Der schwarze Betriebsrat (und Stiftungsrat) Robert Ziegler bekommt in der Generaldirektion einen neu geschaffenen Posten zur "Koordinierung der Landesstudios".

Vier Stiftungsräte werden unmittelbar nach der Wahl des Generaldirektors in Management-Positionen befördert. Zwei stehen der SPÖ nahe, zwei der ÖVP.

Und dann wird noch die Position eines "stellvertretenden Technik-Direktors" geschaffen, weil ein FPÖ-Stiftungsrat "meine Stimme von der Zukunft des Online-Direktors abhängig" macht - wie er in einem Interview offen zugibt.

Personelle Zugeständnisse für seine Wiederwahl? Habe es keine gegeben, sagt Wrabetz.

Viele ORF-Mitarbeiter fühlen sich verraten und verkauft, die Glaubwürdigkeit des ORF ist schwer beschädigt und die gesetzlich garantierte Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bedroht. Ein radikales Sparprogramm macht die Kernaufgabe des öffentlich-rechtlichen Senders immer schwieriger, nämlich die Berichterstattung: Die Redaktionen werden ausgedünnt, Personal eingespart und Mitarbeiter in prekären Arbeitsverhältnissen gehalten.

Selbstverständlich darf sich jeder ORF-Chef seine engsten Mitarbeiter selbst aussuchen. Es gibt allerdings wesentliche Einschränkungen. In den ORF-Programmrichtlinien steht, dass "ORF-Journalistinnen und Programmverantwortliche alles zu unterlassen haben, das geeignet sein könnte, Zweifel an der Unabhängigkeit des ORF aufkommen zu lassen".

Glaubwürdigkeit ...

Im neuen "Verhaltenskodex" für ORF-Mitarbeiter lautet der erste Satz: "Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit von existenzieller Bedeutung". Das ORF-Gesetz definiert, unzweideutig, was "Unabhängigkeit" ist, nämlich: "... Unabhängigkeit bedeutet Unabhängigkeit von Staats- und Parteieneinfluss ...". Und weiter: "Der Generaldirektor hat das Unternehmen unter eigener Verantwortung so zu leiten, wie es das Wohl des Unternehmens unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses und der Interessen der Arbeitnehmer erfordert."

Nichts davon wird mit den aktuellen Besetzungen erfüllt: Das Wohl des Unternehmens leidet, das öffentliche Interesse wird mit parteipolitischem Interesse verwechselt. Und die Interessen der ORF-Arbeitnehmer/innen werden durch politische Posten-Besetzungen mit nachträglichen Pro-forma-Ausschreibungen verletzt.

Es geht dabei nicht um die Person Pelinka, sondern um das System: Offenbar müssen die Parteien zufrieden gestellt werden, erst dann kann der ORF-Generalintendant arbeiten.

... schwer beschädigt

Das Absurde: So frei wie jetzt wird Alexander Wrabetz nie wieder sein: Gerade mit breiter Mehrheit für fünf Jahre wiederbestellt, eine Gebührenerhöhung durchgebracht, das ORF-Gesetz geändert. Jetzt scheint der Zahltag für die Parteien gekommen, die das Kontrollorgan Stiftungsrat mit partei-politischer Kontrolle verwechseln. Und die geht am besten, wenn das eigene Personal im ORF untergebracht wird. Abhängigkeit schafft Loyalität.

Weltanschauung darf kein Karrierehindernis sein. So das Standard-Argument, wenn partei-politische Postenbesetzungen kritisiert werden. Das stimmt, aber: Karrieren im ORF-Management werden häufig nicht trotz, sondern wegen der Parteizugehörigkeit gemacht.

Und da kann die Unabhängigkeit noch so oft in der Verfassung stehen. So lange Manager im ORF von Parteizentralen bestimmt werden können und nicht ausschließlich nach objektiven Verfahren die besten Frauen und Männer zum Zug kommen, läuft es falsch.

Trotz allem ist das Image der ORF-Berichterstattung gut und unsere Glaubwürdigkeit beim Publikum hoch. Doch mit seinen jüngsten Personalentscheidungen bedroht der Generaldirektor die Unabhängigkeit und das Image des Senders. Da können die Journalistinnen und Journalisten noch so gute Arbeit leisten.

Wir wollen einen unabhängigen Rundfunk - so wie es das Gesetz verlangt. Und dafür sind wir bereit zu kämpfen. (Dieter Bornemann, DER STANDARD; Printausgabe, 31.12.2011/1.1.2012)