Wien - Die Reformen und Sparpakete, mit denen sich Europa aus der Krise befreien will, schaffen auch für Unternehmen ein neues Umfeld. Geben Staaten etwa weniger Geld für Investitionen aus, kann das Infrastrukturunternehmen hart treffen. Griechenland hat beispielsweise die staatlich festgesetzten Preise für Medikamente gesenkt, um das staatliche Gesundheitssystem zu entlasten. Dieses ist jedoch auf die Zuschüsse aus Steuermitteln angewiesen.

Abhängigkeiten prüfen

"Unternehmer müssen sich daher immer öfter fragen, inwieweit ihr Geschäftsmodell von staatlichen Leistungen abhängt und wie sich Kürzungen auf das Geschäft auswirken", sagt Friedrich Jergitsch, Partner der Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, zum Standard. Aber nicht nur die staatlichen Investitionen können zum Problem werden.

Vor allem in Zentral- und Osteuropa wurden zuletzt neue Steuern - etwa die Bankenabgabe in Ungarn - eingeführt, Konzerne werden stärker geprüft, und vielerorts werden Abschöpfungsmaßnahmen installiert. Außerdem versuchen die Finanzbehörden das Steueraufkommen zu steigern, indem sie bestehende Regeln nachschärfen. "Das trifft insbesondere heimische Muttergesellschaften mit Töchtern in den Krisenstaaten, denn die steuerliche Anerkennung entgeltlicher Leistungsbeziehungen zwischen Mutter- und Tochterunternehmen steht im Fokus verschärfter Prüfungen", sagt Jergitsch, der mit 30 Experten eine Task-Force gegründet hat, um Unternehmen auf diese Veränderungen vorzubereiten.

Aber auch der mögliche Zerfall der Eurozone, eine Staatspleite oder der Austritt eines Landes aus der Eurozone sind bei der Task-Force immer öfter Thema. Mit dem Austritt aus der Eurozone würde das betroffene Land eine nationale Währung einführen, die im Vergleich zum Euro erheblich abgewertet würde. Unternehmen müssten prüfen, ob für bestehende Verträge die neue Währung gilt.

Vor allem für Darlehen sowie Zins- und Währungssicherungsverträge, aber auch für ausstehende Zahlungsansprüche gegen Schuldner im Krisenland kann das Auswirkungen haben. Ob eine neue Währung auch für Altverträge gilt, wird laut Jergitsch neben der Gesetzgebung zur Einführung der neuen Währung durch den betroffenen Staat auch von der Ausgestaltung der Verträge abhängen.

Zu prüfen ist in so einem Szenario jedenfalls auch, ob Vermögenswerte oder Forderungen neu bewertet werden müssen und wie sich das auf die Bilanz auswirkt. Generiert ein Unternehmen Umsätze in der neuen Währung, ist aber im Euro finanziert, trägt der Investor mitunter ein erhebliches Verlustrisiko.

Bei neuen Verträgen sollten Investoren vor allem auf die Vereinbarungen zur Rechtswahl, zur Vertragswährung, zu Leistungsorten und zum Gerichtsstand festlegen. Auch Anpassungsmechanismen und Sonderkündigungs- oder Rücktrittsrechte müssen laut Jergitsch geklärt werden, damit Unternehmen abgesichert sind.

Blockade im Kapitalverkehr

Im Fall einer Währungsreform wäre wohl auch der Kapitalverkehr betroffen - unter anderem, um die Kapitalflucht in eine harte Währung zu verhindern. Beschränkungen könnten drohen - was für Unternehmen auf die Ausfuhren von Gewinnen sowie Zahlungen auf konzerninterne Darlehen und den Leistungsverkehr mit Tochtergesellschaften im Krisenstaat durchschlagen könnte.

Vor dem Zerfall oder einer Spaltung der Währungsunion hat am Freitag auch das Wirtschaftsforschungsinstitut gewarnt. Um das zu verhindern, müsse die Krise rasch gelöst werden. Bei nicht rechtzeitiger Lösung drohe eine lange Phase schwachen Wachstums und hoher Arbeitslosigkeit. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25.12.2011)