Kairo - Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) hat ein neues provisorisches Leitungsorgan, in dem auch die radikalen Fraktionen Hamas und Islamischer Jihad vertreten sind. An der Konstituierung des Führungskomitees nahmen am Donnerstag in Kairo neben Präsident Mahmoud Abbas und den übrigen Mitgliedern des bisherigen PLO-Exekutivkomitees die Chefs sämtlicher palästinensischer Gruppierungen sowie unabhängige Persönlichkeiten teil. Der ebenfalls anwesende ägyptische Geheimdienstchef Mourad Mowafi, der als Architekt des zwischen der Fatah von Abbas und der Hamas geschlossenen Versöhnungsabkommens angesehen wird, erklärte anschließend, die Herstellung der Einheit des palästinensischen Volkes habe für die "nationale Sicherheit Ägyptens allerhöchste Priorität".

Hamas-Chef Khaled Mashaal, der zuvor ein dreistündiges Vieraugengespräch mit Abbas geführt hatte, nannte die Bildung des provisorischen Allparteien-Führungskomitees einen "Neuanfang für die Eingliederung aller Bewegungen" des palästinensischen Volkes in eine umgestaltete PLO. Es wurde die Bildung einer zentralen Wahlkommission beschlossen, die im Jänner unter Vorsitz des Präsidenten des palästinensischen Nationalrates, Selim Zaanoun, in der jordanischen Hauptstadt Amman zusammentreten soll. Die Abhaltung der allgemeinen Wahlen ist für Mai vorgesehen.

Die 1964 gegründete PLO ist international als legitime Vertretung des palästinensischen Volkes anerkannt, sie hat bei den Vereinten Nationen Beobachterstatus und ist Vollmitglied der Arabischen Liga mit allen staatlichen Prärogativen. Im Gegensatz zu der palästinensischen Dachorganisation, die mit Israel die Oslo-Verträge geschlossen hat, weigert sich die Hamas, das Existenzrecht des jüdischen Staates anzuerkennen. Die Neugestaltung der PLO, die von der Fatah gelenkt wird, ist Teil des innerpalästinensischen Versöhnungsprozesses. Sie wurde im November auf dem Versöhnungsgipfel von Abbas und Mashaal in Kairo vereinbart. Der Hamas-Funktionär und Ex-Außenminister Mahmoud al-Zahar hatte erklärt, dass auch die Bildung einer gemeinsamen Regierung die Hamas nicht dazu zwingen könne, Israel anzuerkennen.

Die palästinensischen Wahlen Anfang 2006 hatte Hamas mit absoluter Mehrheit gewonnen. Der Machtkampf mit der Fatah führte im Juni 2007 zur faktischen Trennung des Westjordanlandes und des Gazastreifens. Die Hamas übernahm nach blutigen Gefechten die alleinige Kontrolle über das Küstengebiet, das die Israelis 2005 geräumt hatten. Abbas löste daraufhin die Hamas-geführte Einheitsregierung unter Premier Ismail Haniyeh auf und setzte im Westjordanland ein Notstandskabinett unter Salam Fayyad ein. WikiLeaks-Enthüllungen haben die enge Kooperation der Fatah mit den USA und Israel bei der Bekämpfung der Hamas deutlich gemacht. Die Hamas beschuldigt den US-Geheimdienst CIA, einen Putschversuch des seinerzeitigen Fatah-Sicherheitschefs Mohammed Dahlan in Gaza gesteuert zu haben, und behauptet, diesem Putsch 2007 zuvorgekommen zu sein. (APA)