"Unter Traum stelle ich mir etwas anderes vor", so kommentiert der Bundeskanzler schwierige Situationen seines Berufsalltags.

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Wien - "Unter einem Traum stelle ich mir etwas anderes vor", meint Werner Faymann auf die Frage von STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid, ob denn das Amt des Bundeskanzlers sein Traumjob sei. Am Dienstag vergangener Woche lud der STANDARD in Kooperation mit dem ORF Wien den Bundeskanzler zur Diskussionsrunde Zukunft am Wort in den Dschungel Wien ein. Mit am Podium saßen Antonia Reiss (17), Schülerin am Albertus-Magnus-Gymnasium Wien, und Danijel Markovic (20), Schüler der HAK Gänserndorf, sowie der Meinungsforscher und Politologe Peter Filzmaier. Das Thema: "Traumjob Bundeskanzler?"

Umgekehrt können sich aber auch die Jugendlichen nicht vorstellen, Bundeskanzler zu sein. Das sei deshalb absolut keine Option, weil er nicht mit der "riesigen Verantwortung umgehen" könnte, sagt Markovic. Außerdem entspräche es nicht seinen Moralvorstellungen, Tag und Nacht von den Medien "observiert" zu werden. Auch für Reiss steht der Beruf der Bundeskanzlerin nicht zur Debatte. An Faymann gerichtet meint sie schmunzelnd: "Sie haben ja schon den Job."

Faymann auf Facebook

Werner Faymann, der betonte, dass man als Regierungschef sowieso von vornherein als Langweiler gelte, wird von den Schülern auf seinen Facebook-Auftritt angesprochen. Ob es nicht doch Maßnahmen gäbe, um "cooler" zu wirken, damit man diesem Langweiler-Image entgegensteuern kann, will Reiss wissen. "Da müsste man schon sehr lustig sein", überlegt Faymann. Er fürchtet, dass ein absichtlich lustiger Auftritt "von der Politik ablenkt". Außerdem müsse man hier ungemein aufpassen, damit es zu keinen Missverständnissen kommt. Daher kommuniziere er lieber auf Augenhöhe mit den Menschen.

Apropos Kommunikation, Markovic spricht die PR-Ausgaben der Regierung an, die sich in den vergangenen zehn Jahren vervierfacht hätten. Auch Politologe Filzmaier bringt hier Kritik an: Ein Bundeskanzler sei zu Kommunikation verpflichtet, doch dieser öffentliche Auftritt sollte nicht nur über die Boulevardpresse verlaufen und transparenter gestaltet werden. Der Meinungsforscher zitiert eine Studie, nach der zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung der Regierung misstrauen - unabhängig von Politikern oder Parteien. Genau dieses Misstrauen hält der Politologe für "demokratiepolitisch gefährlich".

Ein Mann des Kompromisses

Wie geht man mit dieser Kritik um, fragt Moderatorin Föderl-Schmid. Etwas ausweichend antwortet Faymann, dass es das Ziel einer Demokratie sei, eine klare Wertehaltung zu vertreten. Umgekehrt müsse man auch Zugeständnisse an die anderen Parteien machen, um gemeinsame Lösungen zu finden. Er besteht darauf, dies nicht negativ zu bewerten, denn die Suche nach dem Kompromiss sei etwas Anständiges.

Gemeinsam mit seinen Regierungspartnern befand sich Faymann, vor der "Zukunft am Wort"-Diskussion, auf der Suche nach einer einvernehmlichen Lösung in Sachen Schulden. "Man soll dabei parteipolitische Überlegungen in den Hintergrund stellen", meint der Regierungschef und attestiert den Grünen einen konstruktiven Zugang in Fragen der Schuldenbremse. Die Notwendigkeit einer solchen sei durch die Finanzmarktkrise entstanden. Einsparen müsste man nun etwa bei der Verwaltung. Die Verwaltungsreform sei für ihn eine "Lebensaufgabe".

Mutigere Politik

"Wäre es nicht mutig, unpopuläre Maßnahmen zu ergreifen und zu wissen, dass man das Richtige tut, anstatt nur auf die Wiederwahl und die Umfragen zu achten?", stellt Antonia Reiss ein neues Thema zur Debatte. Es läge in der Logik der Sache, entgegnet Faymann, dass das höchste Ziel eines Politikers sei, gewählt zu werden. Würde man für richtige Maßnahmen abgewählt, so hätte man auch in diesem Fall etwas falsch gemacht, erklärt er weiter. Denn schließlich zähle es auch zur Verantwortung eines Politikers, den Menschen wichtige und richtige Entscheidungen bewusst zu machen und zu erklären.

Eine Maßnahme, die die Gemüter der Regierungsparteien und der jungen Bevölkerung erhitzt, sind die Studiengebühren. Markovic will über den aktuellen Stand der Verhandlungen Bescheid wissen. "Man sollte nicht zusätzlich finanzielle Hürden errichten, sondern jedem die Möglichkeit geben, zu studieren", antwortete der Bundeskanzler. Trotz der Schuldenkrise versicherte Faymann in der Diskussion ausdrücklich die Umsetzung der Uni-Milliarde - der STANDARD berichtete.

Zum Schluss des Gesprächs hakte Föderl-Schmid noch einmal nach: Warum, wenn es schon nicht sein Traumjob sei, zog es ihn in das Amt des Bundeskanzlers? Als Schüler wollte Faymann zunächst nicht parteipolitisch aktiv sein, erzählt er. Dann kam er zur Sozialistischen Jugend und sah sein Engagement hier am besten aufgehoben. "Auch wenn es harte Stunden gegeben hat, würde ich das, was ich politisch getan habe, wieder tun", resümiert der Regierungsvorsitzende und sagt weiter: "Ich habe es nie bereut." (David Tiefenthaler, Selina Thaler, DER STANDARD, Printausgabe, 21.12.2011)