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Jetzt steht auch Fiona Grasser, Frau von Ex-Finanzminister Karl-Heinz-Grasser, im Visier der Finanz.

Foto: APA/Robert Parriger

Die Buwog-Provisionsaffäre zieht nun auch in Liechtenstein weite Kreise. Die Vaduzer Regierung hat nach dem Verdacht auf Aktenentwendung bzw. -fälschung durch einen Anwalt eine Sondersitzung einberufen.

Vaduz/Wien – Die nun auch in Liechtenstein für Skandale sorgende Causa Buwog/Grasser wird in Vaduz zur Chefsache. Regierungschef Klaus Tschütscher hat für Donnerstag eine Regierungssondersitzung einberufen. "Lückenlos und schnell" wolle man die Gerüchte um die Beteiligung Liechtensteiner Anwälte und zögerliche Rechtshilfe in der Causa Buwog aufklären, sagte Regierungssprecher Markus Amann. Schließlich will Liechtenstein seinen Ruf als Geldwäscheplatz seit Jahren loswerden.

Auslöser: Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft in Vaduz gegen einen Liechtensteiner Anwalt eines Geschäftspartners von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser ermittelt. Der Anwalt habe brisante Gerichtsakten, die bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmt wurden, entwendet. Geschehen ist das laut dem Leiter der Staatsanwaltschaft in Vaduz, Robert Wallner, am 19. Oktober. Am nächsten Tag sei bereits ein Strafverfahren gegen den Anwalt eingeleitet worden, Hausdurchsuchungen sind laut Justiz ohne Ergebnisse geblieben. Am 28. November seien die Akten zurückgebracht worden, ob verändert oder nicht, wird von der Justiz in Vaduz nun eben geprüft.

Der Anwalt, um den es geht, ist geschäftlich wie politisch bestens vernetzt und in einer großen Sozietät des Fürstentums beschäftigt. Das macht die Sache auch politisch so brisant: Der Jurist ist Abgeordneter in der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP), der auch die Justizministerin Aurelia Frick angehört.

Die Anwaltskanzlei, um die es geht, lehnt jede inhaltliche Aussage ab. "Wir wissen noch nicht genau, was der Kanzlei vorgeworfen wird", sagte ein Sprecher zum STANDARD.

Gute Geschäftsfreunde

Die Fäden zur Causa Buwog, in der Grasser rund um Provisionszahlungen an die Lobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger als Beschuldigter geführt wird, laufen bei einem Mandanten des Anwalts zusammen. Er soll ein Geschäftsfreund Grassers sein, im Frühjahr 2011 wurden bei ihm Hausdurchsuchung durchgeführt. Und zwar via Rechtshilfeersuchen der österreichischen Justiz, die den Geldflüssen in der Causa Buwog nachgeht. Die Akten, die damals beschlagnahmt wurden, sind Gegenstand der neuen Verdächtigungen. Laut Süddeutscher Zeitung seien handschriftliche Notizen, die Grasser belastet hätte, entfernt worden.

Die gesamte Hausdurchsuchung ist allerdings juristisch umstritten; der Betroffene hat sie beeinsprucht, Fristen liefen ab, die österreichische Justiz hat daraufhin ein neues Rechtshilfeersuchen eingebracht. Stichwort Österreich: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien hat erst aus den jetzigen Berichten Kenntnis von den Verwerfungen in Liechtenstein erhalten. "Da tun sich Abgründe auf, wir sind schockiert", sagt ein Jurist zum Standard.

Grassers Anwalt Manfred Ainedter findet die Sache zwar "merkwürdig", betont aber, dass sein Mandant die Unterlagen, um die es gehe, "sowieso beim österreichischen Staatsanwalt auf den Tisch gelegt hat".

Verbindungen zwischen den handelnden Personen gibt es jedenfalls. Der Geschäftsfreund Grassers war einst Manager bei Meinl European Land (MEL), mit ihm hat Grasser laut seinen Aussagen per Treuhand-Vertrag mit der Ferint AG die berühmten 500.000 Euro seiner Schwiegermutter in Genussscheine der Kärntner Hypo investiert. Zudem ist der nun beschuldigte Anwalt im Stiftungsrat von Grasser "Waterland" tätig. Grasser wiederum war in der Managementgesellschaft von Meinl Power International (MIP) tätig.

Von Kärnten nach Zypern

Auch über eine der Anwaltskanzlei nahestehende Bank gibt es diverse Verbindungen. Grasser dürfte dort Konten haben bzw. gehabt haben. In früheren Zeiten hat der ehemalige Minister dem Vernehmen nach diverse Geschäfte über die liechtensteinische Juratrust AG des gebürtigen Kärntners Michael Feichtinger getätigt – nach deren Verkauf soll Grasser seine Geschäfte über Zypern abgewickelt haben. Zum Beispiel über die Gesellschaft Man Angelus in Limassol. Die wiederum hat(te) seit dem Jahr 2007 ein Konto bei besagter Bank in Liechtenstein. Grasser Namenskonto dort lief auf seine Kitzbühler Adresse.

Die Bank hat im Zuge der Kärntner Hypo Affäre und der Liquidierung von deren liechtensteinischen Tochter (AAP) übrigens viele AAP-Kunden übernommen.

Komplizierte Geldflüsse, die auch die Finanzjuristen prüfen. Inwieweit von solchen Ermittlungen inzwischen auch Grassers Frau, Fiona Pacifico Griffini-Grasser, betroffen ist, ist derzeit nicht ganz klar. Laut einem Bericht der Presse soll Grassers Frau eine "Offenlegung" ihrer Konten veranlasst haben, von der Justiz wird das freilich nicht bestätigt. Die Wiener Finanzbehörden haben dem Vernehmen nach den Steuerakt von Griffini-Grasser aus Tirol angefordert.

In der österreichischen Politik haben die neuen Verdachtsmomente hohe Wellen geschlagen. SPÖ, FPÖ, Grüne und BZÖ haben einmal mehr volle Aufklärung im parlamentarischen U-Ausschuss gefordert.

U-Haft gefordert

Der Bundesgeschäftsführer der SPÖ, Günther Kräuter, forderte die Justizbehörden zudem auf, die Verhängung der Untersuchungshaft gegen den Ex-Minister zu prüfen. Sein Argument: Es handle sich um einen "gerade zu klassischen Fall von Verabredungs- und Verdunkelungsgefahr". Neben den verschleierten Stiftungskonstruktionen des Grasser-Netzwerkes in Liechtenstein bestehe nun der konkrete Verdacht einer Manipulation von Dokumenten durch einen Rechtsvertreter, so Kräuter.

Die Genannten bestreiten die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung. (gra, jub, ruz, bpf, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.12.2011)