Astrochemikerin Pascale Ehrenfreund sucht nach Leben im Weltraum.

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Bilder vom Mars (oben und unten), einem der aktuellen Ziele der Weltraumforschung: Ein neuartiger Rover soll immerhin zwei Meter tief in die Oberfläche des Roten Planeten bohren und Proben analysieren. Die Geräte sollten robust und hochempfindlich sein.

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Wer mehr über die Frühgeschichte des Mars erfahren möchte, muss bohren. Der von der US-Raumfahrtbehörde Nasa auf die Reise geschickte Rover Curiosity soll es ab nächstem Sommer mit mehreren Zentimetern versuchen. 2018, wenn sich Erde und Mars wieder näher sind, will die von der europäischen Weltraumagentur Esa geplante Mission ExoMars tiefer schürfen. Ganze zwei Meter soll der Rover in die Planetenoberfläche drillen und erstmals tiefe Bodenproben des Roten Planeten analysieren.

Zwei der Instrumente wurden entwickelt, um das Material auf Spuren von Leben zu untersuchen. "Curiosity bietet eine ausgezeichnete Gelegenheit, um den Mars zu erkunden und ExoMars zu optimieren", sagt Pascale Ehrenfreund, österreichische Astrochemikerin, die Professorin für Raumfahrtpolitik am Washingtoner Space Policy Institute ist und an Experimenten für ExoMars arbeitet.

Rund 60 Millionen Kilometer von der Erde entfernt werden Bohrungen und Analyse zur Gratwanderung. Die Geräte müssen robust, hochempfindlich, leicht und stromsparend sein. Leben könnte vorhanden, doch der Nachweis schwierig sein. Denn knifflig wird es schon in der Atacama-Wüste, wo Ehrenfreund mit ihren Studenten Geräte testet.

"Wenn man den Wüstensand analysiert, ist nur sehr wenig biologisches Material zu entdecken", sagt die Wissenschafterin. Dabei sei die Atacama "nicht einmal so weit" von New York entfernt. Ehrenfreund bevorzugt die nähere Umgebung: "Ich bin meist konservativ in der Planung und denke rational, weil ich weiß, wie schwierig es ist, Instrumente zu bauen."

Den Mars sieht Ehrenfreund, die in Wien Molekularbiologie studiert hat und bei der Esa in Studentenjahren die Summer School besuchte, als zentrales Thema der künftigen Weltraumforschung: Die relativ kurze Reisezeit von sechs Monaten für unbemannte Missionen und die erdähnliche Oberfläche ermöglichen aus ihrer Sicht häufige Landungen. Ehrenfreund ist auch überzeugt, "dass ein bemannter Flug zum Mars gelingen wird". Derzeit glaubt man, dass ein Raumschiff mit Astronauten inklusive Aufenthalt zwei Jahre unterwegs sein würde. "Der Mars ist unsere beste Chance, zumindest für die nächsten 20 Jahre", jubelt die Österreicherin.

Man könnte in der Zukunft zwar in die Atmosphäre extrasolarer Planeten spähen und versuchen, die biologischen Prozesse dort zu beobachten. Weltraummissionen seien aber bereits in unserem äußeren Sonnensystem höchst kostspielig. Zu finanziellen und technischen Einschränkungen bei der Suche nach extraterrestrischem Leben kommt unser Verständnis von Leben. "Wir können in naher Zukunft nur nach Leben suchen, wie wir es kennen. Schon damit haben wir es nicht einfach", sagt Ehrenfreund, die ihre Habilitation zum Thema kosmischer Staub schrieb. Seit damals ist ein Asteroid nach ihr benannt.

Sechzig Kleinsatelliten

Rascher und um weniger Geld liefert das Kleinsatellitensystem CubeSat Ergebnisse. Die an der California Polytechnic State University entwickelte Technologie basiert auf einem Baukastensystem und wird von rund 80 Universitäten weltweit verwendet. 60 solcher CubeSats, die typischerweise wenige Kilogramm wiegen, kreisen derzeit im Orbit, darunter der Nanosatellit der Nasa, O/Oreos. Ehrenfreunds Team arbeitete am Design des fünfeinhalb Kilo schweren Raumflugkörpers mit, der in 680 Kilometern Höhe zwei Arten von Experimenten ausführt: Mikroorganismen werden der Schwerelosigkeit und ionisierenden Strahlung ausgesetzt und innerhalb eines halben Jahres dreimal zum Wachsen angeregt. Das soll Auskunft darüber geben, ob und wie Organismen im Weltraum überleben.

Außerdem wird die Stabilität organischer Proben aus vier verschiedenen Molekülklassen in unterschiedlichen Mikroumgebungen unter Strahlung erhoben. Die Vorbereitung für O/Oreos dauerte 18 Monate, Daten erhielten die Forscher bereits nach wenigen Tagen. Das sei wichtig, um die wissenschaftsinteressierte Jugend aktiv an der Weltraumforschung teilhaben zu lassen. "Man verliert bei manchen Projekten ja gewissermaßen eine ganze Generation", sagt Ehrenfreund, "weil die jungen Leute nie das Ergebnis sehen."

Mit Gesamtkosten von 2,5 Mio. Dollar zählt O/Oreos zu den teureren Kleinsatelliten. Doch es geht auch billiger. Unis in Entwicklungsländern würden CubeSats um ein Zehntel des Budgets entwickeln. ExoMars, auf der anderen Seite, läuft finanziell derart aus dem Ruder, dass die Esa zur Kosteneindämmung die Nasa und auch die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos an Bord holte.

Langfristige Raumfahrtprojekte zu planen, wenn Steuergeld und Jobs knapp sind, ist ein heikles Thema. Die Mittelknappheit würde zwar eine Art "rationellen Boom" an internationaler Zusammenarbeit bewirken. Damit die Wissenschaft auch in Zukunft bei Raumfahrtprojekten vertreten ist, investiert Ehrenfreund viel Zeit in Raumfahrtpolitik: "Es geht darum, den Menschen nahezubringen, wie wichtig es ist, ihren eigenen Ursprung zu verfolgen." (DER STANDARD, Printausgabe, 21.12.2011)