Ljubljana - Der Verkauf von slowenischer Handelskette Mercator an den kroatischen Lebensmittelkonzern Agrokor steht laut Medienberichten unmittelbar bevor. Der Kaufvertrag über den Mehrheitsanteil an Mercator soll am Mittwoch unterzeichnet werden, lauten die Berichte. Der Widerstand gegen den Verkauf an den kroatischen Konkurrenten nimmt unterdessen zu: Nicht nur der Mercator-Vorstand, seine Beschäftigten und Lieferanten, sondern auch der slowenische Staat widersetzen sich der als feindlich bezeichneten Übernahme.

Die Banken und der Getränkekonzern Pivovarna Lasko, die gemeinsam 52,10 Prozent der Mercator verkaufen, haben Ende Oktober exklusive Verhandlungen mit Agrokor aufgenommen. Der kroatische Konzern, der sich als einziges Handelsunternehmen bewarb, legte mit 221 Euro je Aktie das beste Angebot unter vier Bieter. Der Kaufpreis soll abhängig von der Unternehmensperformance der slowenischen Handelskette zwischen 209,95 bis 221 Euro pro Aktie liegen, berichtete die Wirtschaftszeitung "Finance" mit Bezug auf den Kaufvertragsentwurf. Demnach wäre Mercator zwischen 790,5 Mio. Euro und 832 Mio. Euro wert.

Agrokor will die Übernahme mit Hilfe der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), der Weltbank-Tochter International Finance Corporation (IFC) und dem zur Investmentbank JP Morgan Chase gehörenden One Equity Partners (OEP) finanzieren. Einer Mitfinanzierung der EBRD will Slowenien jedoch opponieren: "Slowenien wird in den EBRD-Organen offiziell seinen Widerstand gegenüber der Teilnahme von EBRD bei der Finanzierung der feindlichen Übernahme zum Ausdruck bringen", teilte das Finanzministerium in Ljubljana mit.

Es sei die Pflicht des Staates, "seine geostrategische Position zu schützen und stärken", so das Finanzministerium. Der slowenische Staat befürchtet durch die feindliche Übernahme große negative Auswirkungen nicht nur für die heimischen Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie, sondern auch für den Bankensektor, den Arbeitsmarkt, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) und das Budgetdefizit, hieß es. Bedenken über den Verkauf äußerte auch die Agentur zur Verwaltung von Staatseigentum (AUKN). Sie hat die beiden zu Verkaufskonsortium gehörenden Staatsbanken, die NLB und NKBM, aufgefordert bei dem Verkauf sorgfältig vorzugehen.

Reihe von Sicherheitsklauseln

Vor dem Verkauf an den kroatischen Konkurrenten warnt auch der scheidende Agrarminister Dejan Zidan. Die Agrokor Gruppe habe sich in der Vergangenheit als "unfreundlich" gegenüber slowenischen Produkten erwiesen, betonte Zidan mit Bezug auf die Agrokor-Supermarktkette Konzum. Er unterstrich die Wichtigkeit von Mercator und ihrer Verkaufsregale für slowenische Nahrungsmittelproduzenten. Rund 40 Prozent der slowenischen Nahrungsmittelproduktion werden nämlich über Mercator vertrieben. Der slowenische Staatspräsident Danilo Türk betonte unterdessen, dass "jegliche Verkaufsentscheidung sorgsam überlegt und absolut verantwortlich" sein müsse.

Die Mercator-Lieferanten haben am heutigen Montag mit einem Protest gegen den "unüberlegten und inakzeptablen" Verkauf demonstriert. Vor dem Sitz der slowenischen Großbank NLB in Ljubljana haben die Vertreter von rund 20 Zulieferern darauf aufmerksam gemacht, dass Mercator als einziges Handelsunternehmen in Slowenien eine "Politik der Unterstützung für heimische Produkte" führe. Die Lieferanten verlangen von den Banken, dass sie ihre Mercator-Anteile nicht verkaufen. Die Politik soll hingegen dafür sorgen, dass Mercator in slowenischen Besitz bleibe, hieß es. Auch die Gewerkschaften wollen am Dienstag vor dem Regierungssitz gegen die Übernahme protestieren. Sie haben den Staat aufgefordert, sich beim Handelsriesen eine Sperrminorität zu sichern.

Angesichts zahlreicher Bedenken soll Agrokor im Vertrag auf eine Reihe von Sicherheitsklauseln eingegangen sein. Die Strafen für die Verpflichtungsverletzungen in Zusammenhang mit Entlassungen, Lieferantenaustausch, dem Umzug des Unternehmenssitzes sollen insgesamt 20 Mio. Euro betragen, berichtete die slowenische Nachrichtenagentur STA. Laut Experten ist diese Summe allerdings deutlich zu niedrig, sie müsse bei mindestens 150 Mio. Euro liegen, hieß es. Dieser Betrag, der nur zwei Prozent des Transaktionswerts ausmache, sei lächerlich, denn er veranlasse den Käufer nicht dazu die Vertragsverpflichtungen zu respektieren, meinte ein nichtgenannte Finanzexperte gegenüber der STA. (APA)