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Rainer Schönfelder: "Ich habe nie etwas Spezielles gemacht. Das Leben ist mein tägliches Mentaltraining."

Foto: AP/Leodolter

Standard: Trauen Sie sich allen Ernstes zu, noch einmal ein Weltcuprennen zu gewinnen?

Schönfelder: Das kann durchaus passieren.

Standard: Sind Sie schon so weit?

Schönfelder: Nein. Ich bin in einem Prozess und merke, dass was weitergeht. Ich kann sicher noch einen Schritt machen. Aber ein großer Teil des Comebacks ist geschafft. Bei den Zeitläufen war ich in unserer Mannschaft im besseren Mittelfeld. Das hat mir in der Insiderszene keiner zugetraut.

Standard: Der Sport funktioniert gegenwärtig schon ein bisserl anders als damals, als Sie ihre großen Erfolge feierten.

Schönfelder: Ich muss den Ski anders fahren. Und das probiere ich. Das ist ein Experiment. Und eine Herausforderung.

Standard: Sind Sie jetzt wieder Teil der Mannschaft?

Schönfelder: Einmal so, einmal so. Jetzt haben sie mich eingeteilt.

Standard: Die Reise zum Slalom in Beaver Creek, also zum Ausfall im ersten Durchgang, hat sich wohl nicht ausgezahlt. Oder?

Schönfelder: Diese Reise hat der Verband gezahlt. Und ich habe etwas mitgenommen. Ich bin der Idee, wie ich fahren muss, näher gekommen. Der Schnee dort hat mir die Grenzen noch mehr aufgezeigt. Das war gut so.

Standard: Wo sind die Grenzen?

Schönfelder: Damals sind wir Torabstände von rund 13 Metern gefahren. Heute fahren wir im Schnitt zehneinhalb Meter. Durch diese Torabfolge kann man nicht mehr so direkt fahren. Da steckt in mir noch etwas vom alten Muster. Jetzt muss alles auf Zug funktionieren. Und mit dem neuen Material gehen Schwünge, die vor drei Jahren noch gar nicht gegangen sind. Ich merke manchmal, dass ich richtig schnell unterwegs bin. Doch nach ein paar Toren komme ich mit den sieben Zwetschken nicht mehr zusammen. Das Wichtigste ist jetzt, dass du nie den Fluss verlierst.

Standard: Wie in allen anderen Disziplinen auch.

Schönfelder: Aber früher hast du es besser kompensieren können.

Standard: Wie bilden Sie sich weiter?

Schönfelder: Ich schaue mir die Leute an, die die Slaloms gewinnen. Ich habe eine Vision. Ich möchte den Slalomschwung so schnell wie möglich fahren, wie ihn zum Beispiel Marcel Hirscher in Perfektion zeigt.

Standard: Wir war die Saisonvorbereitung?

Schönfelder: Das hat Spaß gemacht. Ich habe viel gelernt. Ich bin Manager, Läufer und Servicemann in einer Person. In der Mannschaft wird einem alles abgenommen.

Standard: Wie viel haben Sie investiert?

Schönfelder: 80.000 Euro. Aber ich stehe wirtschaftlich ganz gut da. Ich war mit meinem Trainer Christian Huber einen Monat lang in Neuseeland. Wir hatten auch einen jungen Burschen mit, einen Steirer, der im Landesverband ist und im ersten Jahr den ÖSV versäumt hat. Zu dritt tut man sich auch logistisch leichter, einen Trainingskurs aufzubauen. Ich glaube, dass in Österreich zu viele Leute auf der Strecke bleiben. Viel Junge haben wir ja nicht.

Standard: Haben Sie in Neuseeland auch Kollegen getroffen?

Schönfelder: Es gibt auch Trainingssharing. Ich bin international überall mitgefahren, mit den Kanadiern, den Deutschen, den Schweden. Trainingspisten sind irsinnig teuer. Ich hab mir das ausgerechnet. Die verdienen da unten mit den Rennfahrern in eineinhalb Monaten eine halbe Million Euro.

Standard: Legen Sie das Training jetzt anders an als früher?

Schönfelder: Ich mache viel mehr auf Schnee. Ich lasse weg, was mir nicht gut tut. Ich konzentriere mich auf den Slalomschwung links-rechts, dass sich die Muskeln genau dieser Belastung anpassen. Ich bin in der Vorbereitung seit April sicher zwischen 15.000 und 20.000 Tore gefahren. Ich war eigentlich noch nie so fit.

Standard: Gehören Sie in die Top 30?

Schönfelder: Sicher. Aber das ist ja alles sehr eng. Zwischen nicht qualifiziert sein und Top Ten ist nicht viel Unterschied.

Standard: Sie sind bis zum Slalom am Mittwoch in Flachau gesetzt. Dann werden die Karten neu gemischt. Dann könnte es schon wieder vorbei sein mit Ihrem Comeback.

Schönfelder: Die Karten werden jeden Tag neu gemischt. Es gehört auch viel Glück dazu. Im Slalom kannst du gut sein und trotzdem nach drei Rennen mit null dastehen.

Standard: Sind Sie im Starthaus nervöser als früher?

Schönfelder: Ich bin eher relaxter. Das Leben ist ja mein tägliches Mentaltraining. Ich habe nie etwas Spezielles gemacht.

Standard: Ihr Zeithorizont für das Comeback?

Schönfelder: Ich habe keinen. Biologisch bin ich ja erst 23 Jahre alt.(Benno Zelsacher, DER STANDARD, Printausgabe, 19.12.2011)