Eines der besten Dinge, die ich je gegessen habe, war ein Stück Gänseleber. Das fette Stück Glück wurde auf einer etwa halb so dicken Scheibe Brioche serviert, seine Oberfläche war wie bei einer Creme Brûlée karamellisiert. Diese Mischung aus knackiger Kruste, zart-schmelzender Stopfleber und flaumig-warmer Brioche war genial komponiert, simpel, altmodisch, nicht tierfreundlich, aber göttlich gut.

Foie Gras Brûlée heißt sie offiziell, und ist eines der Signiture Dishes des Jean Georges in New York. Zu Mittag lässt es sich dort für erstaunlich wenig Geld erstaunlich gut essen. Die Gänseleber wird mit irgendeiner saisonal wechselnden Beilage serviert, an die ich mich nicht mehr erinnern kann. Das ist auch gut so, denn sie versucht gar nicht erst, der Stopfleber die Show zu stehlen, sondern erfüllt eine ähnliche Funktion wie das Gurkerl in der Leberkäs-Semmel: Dem Fett ein wenig Kontra zu geben und den Geschmack noch besser zur Geltung zu bringen.

Ich bin mir leider nicht sicher, wie der Herr Vongerichten seine Foie Gras Brûlée genau macht, publiziert hat er es meines Wissens nach bisher nicht. Ich habe mich aber im Chowhound-Forum durchgefragt, wo viele Leute viel über New Yorker Essen wissen. Das Ergebnis: au Torchon, im Tuch, soll Vongerichten sie machen, und anschließend ganz simpel mit braunem Zucker karamellisieren.

Die Au-Torchon-Methode erfordert eine ganze Leber und dauert ein wenig, ist aber nicht wirklich aufwendig. Außerdem hat man danach genug präparierte Stopfleber, um entweder leicht zehn Leute damit vorabzuspeisen (für die anspruchsvolle Großfamilie) oder ein ganzes Wochenende lang damit zu experimentieren. Weil sie, einmal au torchon gemacht, wirklich schnell angerichtet ist, ist sie ein ziemlich praktisches Weihnachtsentree.

Foto: Tobias Müller

Foie Gras gilt als unanständig teuer, was nur stimmt, wenn man sie beim Meinl am Graben kauft. Ich verdanke meine – wie so viel – dem Herrn Corti und habe 34 Euro für etwa 800 Gramm bezahlt. Wem keiner hilft, der kann entweder am Vormittag hierher (http://www.voglerwild.at/cms/index.php) fahren, oder im Geflügelfachgeschäft seines Vertrauens ein paar Tage im voraus darum bitten. Wenns schnell gehen muss, gibts immer noch der Naschmarkt oder eben den Meinl am Graben, dort zahlt man aber Express-Gebühren, bis zu 99 Euro das Kilo.

Lektion Eins des Foie Gras Versuchs: Temperatur ist alles. Wie bei allem, was sehr fett ist (Käse!), macht es einen Riesenunterschied, ob die Foie kalt oder warm ist. Ganz am Anfang muss sie zimmerwarm sein, wenn die Äderchen entfernt werden, die zwar geschmacklich nicht stören, aber unschön aussehen und schwer zu schneiden sind. Ist die Leber zu kalt, lassen sie sich kaum ziehen, sonder bleiben im festen Gewebe kleben und reißen, außerdem zerbricht die Leber dann leicht. (Siehe leider Foto 2). Das zweite Mal entscheidend ist die Temperatur kurz vor dem Verzehr: zu kalt entfaltet sie nicht ihr ganzes geschmackliches Potential, und auch der einmalig zarte Schmelz bleibt auf der Strecke.

Foto: Tobias Müller

Lektion Zwei: Nicht gierig werden. Foie Gras ist großartig, so lange man nicht zu viel davon isst. Nur, weil man plötzlich sehr viel davon hat, muss man keine riesigen Portionen servieren. Drei bis vier Zentimeter-Scheiben reichen völlig.

Wer am Mittwoch, notfalls am Donnerstag anfängt, bekommt die Leber bequem bis Weihnachten fertig. Hier machts ein Profi, hier ich.

Mittwoch:

Die Leber auf Zimmertemperatur kommen lassen. Die Haut abziehen (oder schaben), jeden Lappen in der Mitte aufschneiden und die Hauptader sowie möglichst viele Nebenadern entfernen. Es lohnt sich, pingelig zu sein. Wenn sie beim Entadern sehr kaputt geht, ist das nicht weiter tragisch – es macht sich nur am zweiten Tag etwas störend bemerkbar (siehe unten). Nach dem Putzen mit Milch bedecken und mit Klarsichtfolie abdecken. Es scheint einen gewissen Disput zu geben, ob die Milch nötig ist oder nicht – sie entfernt jedenfalls Blut aus der Leber. Die Klarsichtfolie verhindert, dass sie oxidiert und unschön grau wird.

Donnerstag:

Die Milch abgießen und die Leber waschen. Würzen, für eine 800 Gramm Leber habe ich drei Esslöffel Salz, ein Esslöffel Zucker und etwas Pfeffer genommen. Die Leber erneut in Klarsichtfolie packen und wieder in den Kühlschrank legen. Hier gibt es nun kleine Probleme, wenn sie sehr zerstört ist: Weil sie sich nicht gut einpacken lässt, wird an manche Stellen Luft gelangen, und diese verfärben sich dann. Schmeckt nicht schlechter, sieht aber hässlicher aus. Wer später angefangen hat, macht jetzt gleich am selben Tag weiter und spart sich die Pökelnacht.

Foto: Tobias Müller

Freitag:
Die Leber wieder auf Zimmertemperatur kommen lassen. Auf Backpapier oder Klarsichtfolie legen und in Rollenform bringen.

Foto: Tobias Müller

Anschließend möglichst fest in ein Geschirrtuch wickeln und dieses ordentlich verzurren.


Foto: Tobias Müller

Wasser oder Fonds zum Sieden bringen und die Leber 90 bis 100 Sekunden (ja, das reicht) darin pochieren. Ich habe Wasser genommen und das tiefgefrorene Gänsegelee vom Konfit dazugeworfen. Das Pochieren dient nicht dazu, sie zu garen, sondern nur, das Fett zusammenzuschmelzen.

Foto: Tobias Müller

Die Foie heraus nehmen, in ein Eisbad legen (damit sie nicht davonrinnt) und danach mit einem neuen Tuch kräftig einwickeln. Durch das Heißwasserbad schmilzt die Foie etwas und wird kleiner. Hervorragend geht das mit stinknormalen Mullbinden.

Foto: Tobias Müller

Anschließend überNacht im Kühlschrank oder Garten aufhängen oder auf ein Gitter legen – die Rollesoll rundherum Luft bekommen und nicht im Abtropfwasser liegen.

Foto: Tobias Müller

Samstag

Mindestens eine Stunde vor dem Essen aus dem Kühlschrank nehmen. Wer will, bringt sie mit einem runden Keksstecher oder ähnlichem in die perfekte Form, solange sie noch kalt ist.

Foto: Tobias Müller

Vor dem Servieren die Scheibe mit braunem Zucker bestreuen, umdrehen, um den Überschuss los zu werden und dann mit dem Bunsenbrenner karamellisieren. Nicht schüchtern sein und ordentlich drauf halten. Danach einige Minuten rasten lassen, damit sich eine schöne Kruste bildet.

Foto: Tobias Müller

Auf eine gleich große Scheibe (in Butter gebratenen) Brioche setzen und servieren. Ich habe Ruccola-Salat mit Orangen daneben gelegt, mariniert mit Orangensaft, Balsamico und Arganöl, jedes andere nussige Öl tuts auch.

Foto: Tobias Müller

Reste aufs Baguette schmieren und zur Eierspeise essen oder Foie-Gras-Creme machen. 10 dag Fois mit 130 Milliliter Obers oder Creme Fraiche und einem Ei mischen, in kleine Formen füllen und bei 120 Grad im Wassserbad eine Stunde backen. Mir persönlich zu arg zum Löffeln, aber herrlich als Aufstrich. (derStandard.at, 18.12.2011)