Nordlichter
Spinelle als Kontrapunkte bei Chanel-Weihnachtskollektion

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Gabrielle Chanel hatte eine ganz fixe Vorstellung vom guten Geschmack. So fix und so gut, dass es auch Jahrzehnte nach ihrer persönlichen Schaffenszeit keiner Revolutionen in der Gestaltung von Produkten der Marke bedarf. So ist die Kamelie, Lieblingsblume von Mademoiselle, form- und namensgebender Mittelpunkt der Camelia Christmas Collection 2011. Neu ist schon was dran – allein, das Neue steckt im Detail. Das Konzert der Materialien ist grundsätzlich klassisch. Perlen, Weißgold und Brillanten fügen sich zum funkelnden Ganzen. Bei den bunten Steinen gibt es Überraschungen. Schwarze Diamanten und vor allem der Spinell setzen die Kontrapunkte in der auf Kontraste aufgebauten Kollektion. Während die schwarzen Diamanten keine Debütanten auf der Arbeitsfläche des Steinsetzers sind, kommt der Spinell ganz frisch dazu. Der edle Stein, der in nur geringen Mengen vornehmlich in Burma und Sri Lanka vorkommt, liegt hoch im Kurs. Neue Vorkommen werden mit Hochdruck gesucht. Sein Farbspektrum reicht von Hellrosa bis Dunkelblau, je nach chemischer Zusammensetzung. Bei Chanel hat man sich für eine dunkle Variante entschieden, als mysteriöses Gegenstück zu brillanten Lichtkaskaden.

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www.chanel.com

Den Finger zeigen
Die Zawoom!-Kollektion von Henri J. Sillam

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Ein Quäntchen Ironie sollte man aufbringen, betrachtet man die Juwelen von Henri J. Sillam. Ob Erdbeer- oder Champagnerkorkenring: Ein gewisser Witz zeichnet die meisten von ihnen aus. Auch die neue Kollektion des Wiener Juweliers mit den internationalen Fühlern könnte man mit Attributen wie elegant oder glamourös bezeichnen. Dem leichten Augenzwinkern, das den Stücken eigen ist, wird man damit aber nicht gerecht. Bei seiner "Zawoom!"-Kollektion hat Sillam nämlich bei Tattoos Maß genommen, im speziellen bei Fingertattoos.

Ähnlich wie bei den sich um den Finger schlingenden Tattoomustern bedeckt auch Sillams Ring beinahe den ganzen Finger. Zwei kleine Gelenke sorgen dafür, dass man ihn noch abbiegen kann. Eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit muss man also nicht befürchten. Wer trotzdem auf Nummer sicher gehen will, für den hat der Juwelier auch Zawoom!-Ohrringe und -Colliers (und für die Herren Manschettenknöpfe) im Angebot. Sie spielen ebenso mit dem Motiv der Endlos-Schleife und sind über und über mit Diamanten oder Saphiren besetzt. Letzteres ist eines der Gestaltungsmerkmale des Wiener Juweliers, der es in der vergangenen Dekade zu einer erstaunlichen internationalen Karriere gebracht hat.

Seit der Eröffnung einer kleinen Boutique in der Pariser Nobelherberge George V im Jahre 2000 betreibt Henri J. Sillam auch Verkaufsstellen in Salzburg, Beverly Hills und in Hongkong. In den beiden letztgenannten Städten verkauft er genauso wie in Paris in Luxushotels (im Peninsula) bzw. in daran angeschlossenen Shopping-Malls. In Hongkong wird im kommenden Jahr noch ein zweiter Shop dazukommen.

Die Strategie, sich international in Nobelhotels zu positionieren, sagt Sillam, habe sich über die Jahre bewährt. In Luxushotels sei sowohl die Kundenfrequenz als auch das Interesse der Besucher an exklusiven Stücken und Designs hoch. Anders als im Geschäft auf der Wiener Tuchlauben, wo Sillam von Krawatten über Silberschmuck bis hin zu hochpreisigen Juwelen das gesamte Preissegment abdeckt (die Zawoom!-Kollektion beginnt bei einem Einstiegspreis von 3000 Euro), verkauft Sillam international nur Stücke im oberen Preissegment. Nur daran sei die erlesene Kundschaft nämlich interessiert.

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www.sillam.com

Funkeln bei Tiffany
Paloma Picasso inspiriert sich an Venedig

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Lange waren knallrote Lippen ihr Markenzeichen. In einer Zeit, als die meisten dezentere Farben auftrugen, setzte Paloma Picasso auf den Schockeffekt. Auf dem vielleicht bekanntesten Bild von ihr, jenem, das Andy Warhol 1974 schoss, ist das Rot auf den Lippen das Einzige, das sie trägt. Paloma Picasso war damals so etwas wie ein it-Girl, und das lange bevor es diesen Begriff überhaupt gab. Als Tochter eines Mannes, dessen Name beinahe schon ein Synonym für die Kunst des 20. Jahrhunderts ist, wurde sie als Kreative erst ernst genommen, als sie 1980 ihre Zusammenarbeit mit Tiffany begann. Sehr ungewöhnlich für die damalige Zeit arbeitete sie vor allem mit großen farbigen Halbedelsteinen, die in Silber und in Gold gefasst wurden.

Bis heute entwirft Paloma Picasso für Tiffany, das im Übrigen das einzige Juwelenhaus ist, das seinen Designern erlaubt, mit ihrem eigenen Namen zu zeichnen. Und obwohl Paloma Picasso schon lange keinen Lippenstift mehr trägt, geht das Gerücht um, dass sie ihren berühmten Lippenstift "Mon Rouge", den sie in den Achtzigern für L'Oreal auf den Markt brachte, noch immer schachtelweise im Kühlschrank hortet. Wir sehen: Picasso bleibt sich treu – auch wenn sich vieles geändert hat. Das ist auch an ihrem Schmuck ersichtlich, etwa an ihrer neuesten Tiffany-Kollektion, die sie der Schönheit Venedigs gewidmet hat. Da gibt es Ohrringe und Colliers, die von den kunstvoll verzierten gusseisernen Toren des Guggenheim Museums inspiriert sind, dem ehemaligen Heim der Kunstmäzenin Peggy Guggenheim. Armreife und gewölbte Ringe nehmen mit ihrem spiralförmigen Muster dagegen an den verzierten Laternen Maß, die von den Deckengewölben vieler venezianischer Palazzi hängen. Das Motiv des achtzackigen Sterns, das in der Architektur der Lagunenstadt so häufig zu sehen ist, findet man auf Ringen und Armreifen. Und auch wenn Picasso diesmal mit eher konventionellen Materialien gearbeitet hat (kein Holz, keine versteinerten Mammutknochen), Großflächigkeit und das Filigrane spielen auch bei diesen Schmuckstücken harmonisch zusammen. Nur auf Picassos Rot wird man weiterhin verzichten müssen.

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www.tiffany.com

Volle Breitseite
Die Farbräume der Anna Heindl

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Ruhigen Gewissens kann Anna Heindl als Grande Dame der heimischen Schmuckszene tituliert werden. Sie und ihre hunderten Entwürfe stilistisch zu schubladisieren fällt schon schwerer. Das mag vor allem daran liegen, dass sich die Künstlerin, deren Arbeiten in Häusern wie dem Musée des Arts Décoratifs im Nordflügel des Louvre oder im Museum of Fine Arts Houston zu finden sind, über Jahre an Themen verbeißt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Zur Zeit arbeitet die 1950 im oberösterreichischen Perg geborene Heindl am Thema "Farbräume", bei dem es um eine eher abstrakte Auseinandersetzung mit dem Thema Farbe geht.

Zuvor beschäftigte sich Heindl, die unter anderem Vorlesungen am Royal College of Art, London, oder an der Rietveld Academy in Amsterdam hielt, intensiv mit dem Bild Der Garten der Lüste von Hieronymus Bosch.

Auf den ersten, kurzen Blick könnte man meinen, Anna Heindl habe bei ihrem Schmuckstück "Breit- seite aqua" (siehe Foto) aus der Serie "Farbräume" eine technische Innerei aus einem Radio entfernt und diese dann einem Ring aufgesetzt. Beim zweiten, längeren Blick erkennt man Gold und Edelstahl. Der Edelstahl im Ring-Inneren wurde auf Hochglanz poliert, dadurch spiegeln sich die im Bauch des Schmuckstücks liegenden Aquamarine und werden so zu einem Farbkörper. Insgesamt gibt es bisher vierzehn "Farbräume", darunter Ringe, Anhänger und Ohrringe.

Wie Heindl, die selbst an der Wiener Hochschule für angewandte Kunst studiert hat, zu ihren Themen kommt, beantwortet sie folgendermaßen: "Meistens suche nicht ich das Thema, sondern das Thema findet mich. Ich zeichne und male, und irgendwann stoße ich auf etwas, das mich dann beherrscht. Man muss nichts finden, sondern lässt sich überraschen, was da kommt. Und was da kommt, das verdichtet sich mehr und mehr." Arbeiten zum Garten der Lüste sowie Stücke aus der "Farbräume"-Familie sind noch bis zum 30. Dezember im Modegeschäft Song (Praterstraße 11-13, 1020 Wien) zu sehen.

Links
www.annaheindl.at
www.galerie-slavik.com

Steine mit Note
Cartier spürt in ihrer Haute Joaillerie Gerüchen nach

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Müsste man ein passendes Bild für das Schmuckhaus Cartier finden, dann ist es der Zoo. Noch lieber als Haus- hat man dort Wildtiere, in erster Linie den Panther. Schon 1914 zierte er als flach gehaltene Silhouette aus Onyx und Diamanten ein Kosmetikköfferchen. Seitdem hält ihm Cartier in unzähligen Formen und Variationen die Treue. Ob kauernd, aufgerichtet, liegend oder zum Sprung bereit: Der Panther ist der Leitwolf in Cartiers Galerie der Tiere, die über die Jahrzehnte von Krokodilen auf Zigarettenhaltern über Eulen auf dem Verschluss einer Handtasche bis hin zu Marienkäfern auf Feuerzeugen zu einem ganz eigenständigen Bestiarium angewachsen ist.

Flankiert wird Cartiers Tierreich von einem immer umfangreicher werdenden Landschaftspark, der sich nicht so wirklich entscheiden kann, ob er ein französischer oder ein englischer Garten ist. Für die vielen Beispiele strenger Symmetrie, in der jedem Stein ein nur ihm gebührender Platz zugeordnet ist, findet man auch unzählige Beispiele einer farbexplosiven, wuchernden Natur, seien es Lilien oder Ackerwinden. Im Mittelpunkt steht hier natürlich die Blüte, die sich wie kaum ein anderes Motiv dafür eignet, mit allen erdenklichen Farben und Formen zu spielen. Auch dem Einsatz der naturgemäß nur wertvollsten Steine sind hier keine Grenzen gesetzt.

Die jüngste Haute-Joaillerie-Kollektion aus dem Hause Cartier steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Facette des Schmuckhauses. Sie hat sich Gerüchen verschrieben, was auf den ersten Blick vielleicht etwas abstrakt anmuten wird, in der Kombination mit den besonderen Edelsteinen, die in ihrem Zentrum stehen, aber verständlicher wird. So symbolisieren in der Kollektion "Sortilège de Cartier" Turmaline (als Orangen), Chrysoberylle (als Limetten) und Saphire (als Zitronen) den Geruch von Zitrusfrüchten. Morganite, Spinelle und Korallen stehen für Chypre-Noten aus Patschuli, Amber und Gewürzen. Frische sollen dagegen Aquamarine und Saphire verströmen, den elitärsten Geruch hat man bei Blüten wie jenen von Maiglöckchen oder Geißblatt ausgemacht. Dafür kommt natürlich nur ein Stein infrage: der Diamant.

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www.cartier.com

Edler Zapfen
Designerin Monica Singer für A. E. Köchert

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Ein Bienenkorb fällt einem ein, vielleicht ein Kokon. Ein anderer sieht einen Tannenzapfen oder gar ein Ei, an dem ein unsichtbares Gewicht hängt und dieses in die Länge zieht. So einfach die Form ist, die Monica Singer ihren Schmuckstücken gibt, so sehr besticht sie – vor allem durch ihre Oberfläche. Die Anhänger, die sie für das Traditionshaus A. E. Köchert entworfen hat, sind nämlich geknüpft.

Wie das genau geht, weiß die Gestalterin selbst nicht: "Es handelt sich um eine alte Technik aus dem Jugendstil. Eine Dame bei Köchert hat das drauf. Das Ganze ist aber streng geheim", erzählt Singer, deren kleine Schmuckfamilie aus Halbedelstein-Perlen an langen Ketten getragen wird. Rosenquarz, Jade oder Amethyst wählte sie zum Beispiel aus. Zwischen 1150 und 2550 Euro berappt man für die Stücke. Irgendwie möchte man reinschauen in das Geflecht, liegt es aber in der Hand, genügt das haptische Erlebnis. "Die Leute sollen den Schmuck in den Händen halten, er soll ihnen schmeicheln", sagt Singer. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass die Schmuckstücke, die es ein- und zweifärbig gibt, "Coccinella" heißen. Dieser Name steht für eine Art aus der Familie der Marienkäfer. Und die neigen bekanntlich dazu fortzufliegen.

Schmuck ist für Monica Singer – sie ist neben Marie Rahm die zweite Hälfte des Designer-Duos Polka – völliges Neuland. "Irgendwie wollte ich das einmal ausprobieren. Mir schwebte es vor, die Gattung Collier anders zu interpretieren und etwas zu entstauben". Geschwebt, getan. Singer kreuzte in A. E. Köchert's Stammhaus am Wiener Neuen Markt auf, wo man, wie Singer erzählt, sehr offen ihren Ideen gegenüber war. "Zuerst hab ich einmal die Archive des Hauses durchforscht", erzählt die Produktgestalterin, die in der Folge immer mehr von dem Sprung in einen anderen Maßstab begeistert war. "Auch die Auseinandersetzung mit Funktionalität spielt eine ganz andere Rolle. Die liegt ja bei Schmuck vor allem in der Emotionalität. Die Funktion verdichtet sich auch auf etwas Atmosphärisches und Individuelles", erklärt Singer, sichtlich auf den Geschmack gekommen.

Wer sich ob dieses Solos von Monica Singer sorgt, mit dem Polka-Duo gehe es weniger beschwingt weiter, sei beruhigt. Für Lobmeyr entwarfen Singer und Rahm die Vasenserie "Drop", bei den Wittmann Möbelwerkstätten gibt's an Polka-News den Hochlehner namens "Bonnie" sowie einen kleinen Hocker. Nein, der heißt nicht "Clyde".

Links
www.koechert.at
www.polkaproducts.com

(bs/maik/hil/Der Standard/rondo/16/12/2011)