Der blendende "Decoy" (Köder) von Eva Grubinger treibt unheilvoll im White Cube der Galerie Engholm. Auf ein Gewässer verweisen auch der Anlegering und der Holzpfahl.

Foto: Galerie Engholm

Nun ist die nicht nur formal überzeugende Arbeit "Decoy" in der Wiener Galerie Kerstin Engholm zu sehen.

Wien - 1996 bei einer gemeinsamen Ausstellung mit Hermann Nitsch und Brigitte Kowanz in Berlin stand Eva Grubinger noch für die jüngste österreichische Künstlergeneration und einen immateriellen Kunstbegriff. Heute, 15 Jahre später, ist Eva Grubingers Arbeit einer geradezu klassischen Bildhauerei zuzuordnen: reduzierte Plastiken, die an Objekte der Minimal Art erinnern.

Sockellos und unprätentiös, steigert die viel Luft lassende Präsentation in der Galerie Engholm deren edlen Charakter. Drei Metallobjekte (Aluminium und Stahl, versilbert, vergoldet und verkupfert) fangen Licht und Blicke gleichermaßen. Glanz und Schimmer lenken von ihrem so gar nicht abstrakten, sondern vielmehr realistischen Wesen ab. Eine perfide Strategie der Künstlerin (geb. 1970 in Salzburg), die seit 2008 die Klasse für Bildhauerei und transmedialen Raum an der Linzer Kunst-Uni leitet.

Denn schon hat der Betrachter zugeschnappt, hat wie der Fisch, der die glänzenden Köder für einen kleineren, aber umso leckereren Fisch hält, angebissen. Tatsächlich sind es doch überdimensionierte Köder samt ihren teuflischen Haken, die im White Cube der Galerie treiben. Im Moment dieses "Ahas" erklären sich auch der mit Bitumen gestrichene Holzpfahl und der Ring, der außer Reichweite an der Wand hängt, als Hinweise auf ein Gewässer. Und der Betrachter? Der befindet sich in einer heiklen Lage: unter der Wasseroberfläche.

Was diese Arbeit mit früheren Objekten Grubingers verbindet, ist das klar definierte Verhältnis zwischen Werk und Betrachter. Die Künstlerin weist diesem eine genaue Position zu, so wie etwa in ihrer Installation Crowd (2007). Darin zitiert sie das seit 9/11 von Flughäfen bekannte Gurtband-Personenleitsystem und thematisiert damit die Disziplinierung der angeblich terrorbereiten Masse.

Oder so wie in Spartacus (2007), einer Installation mit einem der Sportkäfige, die heute im Stadtraum so häufig Verwendung finden. Letztlich ist er ein Symbol der Disziplinierung des Individuums im öffentlichen Raum. In dessen Realität hat sie auch die abstrakten Formen ihrer Intarsienserie (Metall und Papier) gefunden, die sich ebenfalls mit Regulierungen - in diesem konkreten Fall dem Schiffsverkehr - beschäftigen.  (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Printausgabe, 15.12.2011)