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Fußballcoach Kraft wechselt zum American Football.

Foto: APA

Wien - Helmut Kraft ist froh, dass er die österreichische Fußball-Bundesliga derzeit aus der Entfernung genießen kann. "Wenn ich Cheftrainer von Salzburg, Rapid oder der Austria wäre, mir würd's die Tränen rausdrücken. Da wird mit Ried ein Klub zum zweiten Mal hintereinander Herbstmeister, der fünfmal weniger Budget zur Verfügung hat als der reichste Verein der Liga. Der Fußball wird im Moment in Österreich nicht gespielt, sondern getreten."

Sagt einer, der als Fußballtrainer selbst mitten drin war im österreichischen Geschehen. Der 53-jährige Tiroler war 2007 mit der SV Ried sogar Vizemeister, er coachte Wacker Innsbruck und Wiener Neustadt, ehe er im November 2010 wegen Erfolglosigkeit als Trainer von LASK Linz gefeuert wurde.

Jetzt ist Kraft wieder zurück im Sportgeschäft. Aber nicht im Fußball und nicht als Trainer. Kraft ist der neue Pressesprecher des Klubs Kornmesser Rangers, und der ist im American Football daheim. Eine Sportart, die Kraft live noch nicht verfolgt hat. "Ehrlich gesagt habe ich noch kein Spiel in der Austrian Football League gesehen. Aber ich freue mich schon jetzt auf unsere erste Partie im Frühjahr."

Die Rangers aus Wiener Neudorf verstärken als neuer Verein ab 2012 die höchste heimische Football-Liga AFL. "Die Zusammenarbeit mit den Rangers ist kurzfristig zustande gekommen", erzählt Kraft. Denn eigentlich arbeitet er für den Hauptsponsor des Klubs. Ernst Klimitsch, der Chefdesigner des Nobeljuweliers Kornmesser und einst erster Präsident der Rangers, bezahlt den Tiroler seit April 2011 dafür, mit den verschiedenen Juwelieren des Hauses über ihre Probleme zu reden. "Ich mache den Teambuilder", sagt Kraft. "Ich verdiene keine 10.000 Euro im Monat mehr - wie im Fußball. Aber ich bin immer noch überbezahlt."

Die zusätzliche Arbeit als Pressesprecher der Rangers bekam Kraft aber nicht deswegen aufgebrummt. Er soll dem Klub mit seinem Namen zu mehr Öffentlichkeit verhelfen. Und Kraft ist über die neue Erfahrung froh. "Die Footballer erden mich irgendwie. Da ist wieder ein wahres Teamgefühl bemerkbar, die Spieler unternehmen auch in der Freizeit etwas zusammen. Und sie leben für ihren Sport. Ich hab's zuerst ja nicht glauben können, dass die für ihre Ausrüstung und alles andere selbst aufkommen müssen."

600 Euro kostet den Erstliga-Footballern eine Ausrüstung, die zwei, vielleicht drei Saisonen hält. Dazu kommt bei den Rangers ein Mitgliedsbeitrag von 20 Euro im Monat, den die Spieler selbst berappen müssen.

"Im Fußball nehmen die Kicker alles selbstverständlich hin", sagt Kraft. "Sie wundern sich, wenn sie in einem Lokal einmal selbst bezahlen müssen. Sie leben in einer Scheinwelt. Sie wohnen in den besten Hotels, werden hofiert und bombig bezahlt. Wenn du drinnen bist, ist alles normal, da nehme ich mich als Trainer nicht aus. Aber wehe, wenn du aus diesem Kreis rausfliegst. Einige 'Stars' sind nach der Karriere schon ordentlich auf der Nase gelandet." Kraft will selbst nicht mit der Nase gebremst haben. "Aber mir sind die Dinge erst danach so richtig klar geworden."

Comeback möglich

Dem Amateursport Football - zumindest in Österreich - verdankt der Hauptschullehrer, der vor seiner Karriere als Fußballtrainer 20 Jahre in Hall in Tirol Turnen und Englisch unterrichtete, diese Einsichten. Ganz vom Fußball kommt Kraft aber nicht weg. Im Herbst übernahm er kurzfristig den Trainerposten bei seinem Stammklub Hall, dem Tabellenletzten der Regionalliga West. Verlangt hat er für sein Engagement nichts. Kraft: "Das hat sich gut angefühlt." Das Pendeln zwischen Arbeit in Wien und Training und Match in Tirol dauerte aber nur ein paar Wochen.

Auch das Traineramt bei einem Bundesliga-Klub würde Kraft trotz aller Systemkritik reizen. "Aber nicht Kapfenberg, Mattersburg, Innsbruck oder Wiener Neustadt. Klubs in dieser Größenordnung habe ich schon erlebt." (DER STANDARD-Printausgabe 14.12. 2011)