Hamburg - Etwa 100 bis 200 Säuglinge sterben jährlich in Deutschland an den Folgen eines Schütteltrauma, darauf macht die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) in einer Aussendung aufmerksam. Starkes Schütteln von Babys und Kleinkindern ist eine der häufigsten Formen von Kindesmisshandlung. Stirbt das Kind nicht, erleidet es mitunter schwerste Behinderungen. Mittels Ultraschall lässt sich ein Schütteltrauma diagnostizieren, denn die Sonografie macht die für dieses Trauma typischen Blutergüsse (subdurale Hämatome) um das Gehirn sichtbar.

Einer aktuellen Studie zufolge ist oft auch der Wirbelkanal betroffen, der das Rückenmark schützt. Die DEGUM rät deshalb, in die Diagnostik des Schütteltraumas die Sonografie des Wirbelkanals einzubeziehen. Schreien Säuglinge stunden- oder gar nächtelang, verlieren Eltern aus Verzweiflung oder Überforderung mitunter die Kontrolle über sich und schütteln ihr Kind heftig. Babys können dadurch schwere Verletzungen an Gehirn und Rückenmark erleiden. "Schwingt der kleine Kopf durch das Schütteln stark hin und her, bilden sich schnell subdurale Hämatome", so Axel Feldkamp, leitender Oberarzt der Klinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin am Klinikum Duisburg und Leiter der Sektion Pädiatrie der DEGUM. Für Ärzte sind die Blutergüsse unter der Hirnhaut ein wichtiger Hinweis auf ein Schütteltrauma. Denn in vielen Fällen treten keine äußeren Verletzungen auf.

Blutergüsse um Rückenmark als Hinweis

Eine Studie an der Universitätsklinik Innsbruck zeigt jetzt, dass auch Blutergüsse um das Rückenmark des Kindes darauf hindeuten können: Nachdem der Mediziner Ingmar Gassner bei sechs Säuglingen mittels Ultraschall Blutergüsse um das Gehirn festgestellt hatte, untersuchte er auch deren Rückenmark. Bei Säuglingen ist der Wirbelkanal einschließlich des Rückenmarks mittels Sonografie sichtbar, da die schützenden Wirbelbögen noch weitgehend aus Knorpel bestehen, den die Ultraschallwellen durchdringen.

Beim Erwachsenen ist dies nicht mehr möglich, da die Wirbelbogen verknöchert sind. Ultraschallexperte Gassner entdeckte bei allen sechs Säuglingen Blutergüsse auch um das Rückenmark. "Ihr gemeinsames Auftreten um Gehirn und Rückenmark kann den Verdacht eines Schütteltraumas erhärten", so der Experte. Er empfiehlt daher, bei jedem Verdacht auf ein Schütteltrauma stets sowohl Gehirn als auch Rückenmark mittels Ultraschall zu untersuchen. Es gelinge damit, den Verletzungsgrad und die Ursache der Blutung genauer und sicherer festzulegen, so Pädiater Feldkamp. Die Studie solle alle Ärzte, die Kinder mit dem Verdacht auf ein Schütteltrauma behandeln, dazu anregen, mittels Ultraschall zusätzlich den Wirbelkanal zu untersuchen.

Denn eine übersehene Kindesmisshandlung könne schwerwiegende Folgen für einen Säugling haben: Die durch das Schütteltrauma verursachten Schädigungen des Gehirns verursachen oft schwere geistige und körperliche Behinderungen oder sogar den Tod des Kindes. Etwa ein Viertel aller Babys mit Schütteltrauma sterben daran. (red, derStandard.at)