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"Bitte aussteigen", hieß es für hundert ÖBB-Passagiere in Wiener Neustadt.

Foto: ROBERT JAEGER/APA

Wien - Wegen eines völlig überfüllten Zuges hat ein ÖBB-Schaffner am Sonntagnachmittag zu einer drastischen Maßnahme gegriffen. Wie die "Kleine Zeitung" in ihrer Montagsausgabe berichtete, mussten rund 100 Fahrgäste des Eurocity Polonia (Warschau-Villach) in der Station Wiener Neustadt aussteigen. ÖBB-Sprecher Christoph Posch bestätigte den Vorfall: "Eine sichere Weiterfahrt konnte nicht gewährleistet werden."

Es sei Vorschrift, dass für den Zugbegleiter alle Türen und Sicherheitseinrichtungen erreichbar sein müssten, sagte Posch. Dies sei hier nicht mehr der Fall gewesen. Daher hätte der Schaffner entschieden, dass Fahrgäste ohne Reservierung den Zug verlassen müssen, erklärte der Bahnsprecher. Diese Passagiere mussten dann in Wiener Neustadt auf einen späteren Zug warten. Für Fahrgäste, die nach Lienz weiter mussten und ihre Anschlusszüge verpassten, wurde ab Villach ein Ersatzbus organisiert. "Davon waren rund 30 Personen betroffen", erklärte Posch.

"Kundenservice sieht anders aus"

Die Reisenden zeigten sich wenig erfreut über die ÖBB. "Kundenfreundlichkeit und Kundenservice sieht anders aus", sagte Fahrgast Matthias Kapeller, der mit dem Eurocity Polonia von Wien nach Feldkirchen gefahren ist.

Die Szenen am Bahnhof Wien-Meidling und in weiterer Folge auf der Fahrt nach Wiener Neustadt beschrieb der Kärntner als "unvorstellbar": "Man hatte nicht einmal mehr Platz, um in Ohnmacht zu fallen." In Wiener Neustadt wären die Fahrgäste freiwillig ausgestiegen. "Die Zugräumung war die logische Konsequenz. Die Zugbegleiter haben auch alles Menschenmögliche getan, um zu verhindern, dass die Szene eskaliert", sagte Kapeller.

Keine Heizung, defekte WCs

In mehreren Waggons habe laut dem Kärntner auch die Heizung nicht funktioniert. "Es war eiskalt. Fahrgäste sind mit Jacken, Schals und Handschuhen im Zug gesessen", schilderte Kapeller. Auch die WCs hätten für Probleme gesorgt. "Sie waren entweder defekt oder unbenützbar, das Wasser stand teilweise knöcheltief."

Die ÖBB hatte am Montag darauf hingewiesen, dass Fahrgäste an besonders stark frequentierten Reisetagen die Möglichkeit der Sitzplatzreservierung in Anspruch nehmen sollen. Im Eurocity Polonia hätte dies laut Kapeller nichts genützt: "Das ist die reinste Kundenverhöhnung. Wenn die ÖBB dazu aufruft, dass Sitzplätze reserviert werden sollen, müssen diese auch dementsprechend markiert werden", sagte Kapeller. Dies sei bei dem Zug nach Kärnten nicht der Fall gewesen.

Technischer Defekt

In einem Waggon war im Eurocity die Elektronik ausgefallen. "Licht und Heizung funktionierten nicht mehr, der Defekt war während der Fahrt aufgetreten", erklärte Posch. Der Waggon musste ebenfalls in Wiener Neustadt geräumt werden. Posch hatte am Montag darauf hingewiesen, dass die Garnituren des EC-Zuges Polonia der polnischen Staatsbahn gehören. Laut dem Sprecher sollen nun die dortigen Verantwortlichen bezüglich der technischen Defekte kontaktiert werden. "Warum besetzt die ÖBB diesen Zug nicht mit ihrem eigenen Wagenmaterial?", fragte sich Kapeller. "Wir Kunden buchen auch bei der ÖBB und nicht bei der polnischen Bahn, daher kann die Verantwortung nicht einfach abgeschoben werden", sagte der Fahrgast. (APA)