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Der altersschwache algerische Präsident Abdelaziz Bouteflika bekommt Konkurrenz aus der islamistischen Ecke. 2014 will Bouguera Soltani gegen ihn kandidieren.

Foto: AP/Djarboub

Nach dem Wahlsieg in Tunesien sind sie voller Optimismus.

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Nach den Wahlsiegen ihrer Gesinnungsgenossen in Tunesien, Marokko und Ägypten sehen sich auch die Islamisten in Algerien im Aufwind. "Die algerische Gesellschaft will von Islamisten regiert werden" , gibt sich Bouguera Soltani ein halbes Jahr vor den Parlamentswahlen selbstsicher. Der 57-Jährige ist Chef der Gesellschaftlichen Bewegung für den Frieden (MSP). Die einst unter dem Namen Hamas gegründete Formation sitzt zusammen mit der Unabhängigkeitspartei FLN und deren Abspaltung RND seit 1997 in der Regierung. 52 der 389 Abgeordneten im algerischen Parlament gehören den Islamisten an.

Nachdem Soltani im November den Gründer der in Tunesien siegreichen Ennahda, Rachid Ghannouchi, empfing und dessen öffentliche Unterstützung erhielt, ist sein Optimismus nicht mehr zu bremsen. "Wenn die nächsten Wahlen sauber über die Bühne gehen, werden wir sie gewinnen" , prophezeit er. 2014 will er sich gar um die Nachfolge des altersschwachen Staatschefs Abdelaziz Bouteflika bewerben. Um die Wähler zu überzeugen, versucht Soltani mit der MSP den Spagat zwischen einem verantwortungsbewussten Koalitionspartner und der Stimme der religiösen Opposition. Einige der konservativsten Gesetze, wie das zum Verbot der Einfuhr von Alkohol, gehen auf Initiativen der MSP zurück.

Uneinigkeit unter Islamisten

Soltani ruft zur Einheit aller Islamisten auf. Bisher ohne Erfolg. "Das interessiert mich nicht" , antwortet der bekannte Islamist Abdallah Djaballah, der 1999 und 2004 gegen Staatschef Bouteflika antrat. Auch Mohamed Said, ein anderer gescheiterter islamistischer Präsidentschaftskandidat (2009), erteilt der MSP eine Absage. Djaballahs Front für Gerechtigkeit und Entwicklung (FJD) und Saids Partei für Gerechtigkeit und Freiheit (PJL) bereiten für 2012 ihre eigenen Kandidaturen vor. Nach der Verabschiedung eines neuen Parteiengesetzes am vergangenen Dienstag werden sie ihre Zulassung beantragen. Das Innenministerium muss binnen 60 Tagen über die Anträge entscheiden. "Die arabischen Länder haben alle politischen Theorien ausprobiert: vom Kommunismus im Sudan über den Marxismus im Südjemen bis zur Baas-Theorie und dem wirtschaftlichen Liberalismus. Jetzt kommen die islamistischen Bewegungen. Ich denke, dass die arabo-islamischen Gesellschaften bereit sind, diesen Bewegungen ihre Chance zu geben" , erklärt Said. Wie seine beiden Kollegen Soltani und Djaballah hat er die Wähler der ehemaligen Islamischen Heilsfront (FIS) sowie die arbeitslose Jugend im Visier. Die FIS gewann 1990 die Kommunalwahlen und 1991 die Parlamentswahlen. Das Militär brach daraufhin den demokratischen Prozess ab und drängte die FIS in den Untergrund. Beim bewaffneten Konflikt zwischen Armee und Islamisten verloren in den 1990ern 200.000 Menschen ihr Leben. (Reiner Wandler aus Madrid/DER STANDARD, Printausgabe, 10.12.2011)