Ärzte-Chef Walter Dorner hat eine Mehrheit - vorerst.

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Wien - Das Ergebnis fiel recht deutlich aus: 55 Mitglieder der Vollversammlung der Wiener Ärztekammer stimmten gegen den Misstrauensantrag gegen Präsident Walter Dorner, nur fünf dafür. 30 Stimmberechtigte waren gar nicht mehr anwesend, es war am Dienstag kurz vor Mitternacht, als nach einer Marathonsitzung über Dorners Zukunft abgestimmt wurde. Aber die Gräben, die durch die ÄK gehen, sind - wenige Monate vor der Wahl der Standesvertretung - tiefer, als die Zahlen vermuten lassen.

Anlass für den vom Hausärzteverband eingebrachten Misstrauensantrag war die Zustimmung Dorners zur Elektronischen Gesundheitsakte (Elga) in der Bundesgesundheitskommission Ende November. Er stimme Elga nur grundsätzlich zu, lehne aber den vorliegenden Gesetzesentwurf ab, lautete tags darauf Dorners Erklärungsversuch. Doch da war der Schaden schon angerichtet: Die niederösterreichische Ärztekammer forderte seinen Rücktritt, der Hausärzteverband schloss sich an, und in der Wiener Kammer war man, vorsichtig ausgedrückt, "not amused" - auch in der VP-nahen Vereinigung, der Dorner angehört.

Dass Dorner, der auch Präsident der Österreichischen Ärztekammer ist, die Sitzung am Dienstag überstand, dürfte der Tatsache geschuldet sein, dass nicht geheim abgestimmt wurde. Ein Sturz des Präsidenten ein Vierteljahr vor der Kammerwahl - das trauten sich die Ärzte dann doch nicht.

Konsequenzen hat die Sitzung dennoch: Die SP-nahen Ärztevertreter kündigten der Vereinigung die Zusammenarbeit auf, gemeinsame Beschlüsse wird es bis zum Ende der Periode nicht mehr geben. Auch nach außen kämpfen die Fraktionen der Wiener Kammer an verschiedenen Fronten: Beim roten Vizepräsidenten Thomas Szekeres sind es die geplanten Einsparungen am AKH, beim schwarzen Vizepräsidenten Johannes Steinhart ist es Elga.

Suche nach Koalitionen

Dass die Vereinigung den Präsidenten stellt, ist übrigens keineswegs einzementiert. Intern wird vermutet, der Hausärzteverband und die sozialdemokratischen Ärzte könnten an einer Mehrheit gegen Dorner und Co arbeiten. Ein möglicher Partner ist dabei der derzeitige Präsident der niederösterreichischen Ärztekammer, Christoph Reisner, der dank der gefinkelten Wahlordnung auch bei der Wiener Kammerwahl antreten wird. (Andrea Heigl, DER STANDARD, Printausgabe, 9.12.2011)