In der Annahme, alle Geräusche beseitigt und alle Öle gewechselt zu haben, fahre ich durch dichtesten Regen auf einer, von einem österreichischen Straßenbaukonzern gebauten Straße, nach Mombasa. Ich erwähne dies aus folgendem Grund: Wenn die Sicht nachts aufgrund von Regen schlecht ist und man viel zu viel Gegenverkehr hat, welcher die Scheinwerfer falsch eingestellt hat, dann kann man sich an den Straßenmarkierungen orientieren. Diese gibt es meistens auf afrikanischen Straßen nicht. Mittelstreifen sind fast immer vorhanden, nur die Außenmarkierungen sind rar. Da kommt man dann schnell mal ab von der Straße und fährt auf einem nicht befestigten Bankett. Und um ehrlich zu sein – ein kleiner, feiner Unfall mit festsitzendem Auto am Rande der Straße bei schlechtem Wetter und keiner Hilfe in der Nähe wäre gerade eher sub-optimal!

Schweiß und ranzige Margarine

Kurz vor Mitternacht erreiche ich Mombasa. Ich bekomme gerade noch ein Zimmer in dem letzten, noch geöffneten Bed & Breakfast: Glory Guest House. Eine sehr, sehr schäbige Behausung. In der Hoffnung, nicht von Kakerlaken oder Flöhen aufgefressen zu werden, verbringe ich eine schweißtreibende Nacht bei voll aufgedrehtem Deckenventilator. Hier ist es um Mitternacht noch erdrückend heiß. Das Breakfast entpuppt sich als ein in Öl ersoffenes Omelette, begleitet von zwei lätscherten, nicht getoasteten Toasts so wie einem Patzen ranziger Margarine. An der Wand kann man folgenden Spruch lesen: While in Nairobi or Diani (Beach), stay with Glory Guest House, Try Glory & forget the rest. Ja, klar - sehr, sehr einladend.

Ungemütliche Hostels und die Straßen von Mombasa gibt's in dieser Ansichtssache.


Foto: Benedikt Loebell

Das Auto spricht wieder

Mit einer Fähre verlasse ich Mombasa in Richtung Diani Beach. Dort werde ich in einem wunderschönen Haus am Meer von Verwandten erwartet. Würde ich nicht auf diesen 25 Kilometer von Mombasa nach Diani wieder "Geräusche" von meinem Auto hören, könnte ich wohl geruhsame drei Tage am Meer verbringen.

Diani Beach wäre eigentlich ein Ort um sich zu erholen, wie diese Ansichtssache zeigt.
Foto: Benedikt Loebell

Doch, wie kann es anders sein, mein Auto spricht wieder zu mir. Die erste Annahme, die Kupplung sei beschädigt, kann nicht bestätigt werden. Mein Onkel, der sieben Jahre mit seinem Land Rover um die Welt gereist ist, begutachtet meinen Wagen und den Unterboden. Unverrichteter Dinge taucht er wieder auf. Es gibt keinen ersichtlichen Grund für das Geräusch.

Also ab in die Werkstatt

Das Geräusch ist nun auch dann zu hören, wenn man die Kupplung nicht gedrückt hält. Also nein, die Kupplung ist es nicht... Diese wurde ja bei 160.000 Kilometer in Wien gewechselt. Jetzt, knappe 10.000 Kilometer später, soll schon ein Kupplungsschaden sein? Nein, das kann es nicht sein, wird mir per Telefon aus Wien gesagt. Ab zur nächsten Garage, gleich auf der Verbindungsstraße zwischen Mombasa und der tansanischen Grenze. In einem ekelhaft stinkenden Verschlag und bei brütender Hitze wird mein Auto hochgehoben. Da in der Garage das für eine Getriebeölkontrolle nötige Werkzeug nicht vorhanden ist, behilft man sich einer anderen, recht afrikanischen Methode: Es werden einfach neue Schrauben angeschweißt und das Öl fließt aus. Es seien feine Metallspäne im Ölbehälter, wird mir gesagt, nicht aber groben Stücke.

Wofür es kein Werkzeug gibt, wird einfach angeschweißt. Mehr über kenianische Mechanikerkunst gibt's in dieser Ansichtssache.
Foto: Benedikt Loebell

Ich entscheide mich, das Getriebe nicht hier in diesem Verschlag ausbauen und richten zu lassen, sondern erst in Mombasa. In einer Land Rover Fachwerkstätte wird mir erklärt, dass es ein Getriebekugellagerschaden sein könnte. Also gut, zumindest mal eine Diagnose.

Reparaturen, Ersatzteile, Wartezeiten

Zwölf Stunden später erfahre ich, dass zwei der acht Kugellager beschädigt sind. Es wird versucht werden, diese aus Mombasa zu besorgen. Man kann diese Ersatzteile nicht in jedem Geschäft bestellen und da es eine Fachwerkstätte ist, dürfen sie keine Nachbauteile verwenden. Es kann sein, dass sie diese Kugellager nun aus England bestellen müssen. Wartezeit: bis zu vier Wochen... Vier Wochen. Das muss ein Scherz sein. Da wäre es ja schneller und sicherlich auch günstiger, diese aus Österreich per internationalem Botentransport zu senden.

Ich versuche meine Garage, bei der ich in der Woche zuvor gewesen war, zu erreichen. Diese geben mir drei andere Ersatzteillager an, dort soll es die Fachwerkstätte versuchen. Und es funktioniert: Die Ersatzteile können über das Wochenende an die Küste geliefert werden. Ich bin erleichtert – bis ein weiteres Problem auftaucht. Das Mittelblech zwischen Getriebegehäuse und Anbaugehäuse hat einen Sprung und muss gewechselt werden. Kurz bevor ich dem Wahnsinn verfalle, kommt die erlösende Antwort. Es ist der Werkstätte möglich, ein gebrauchtes Mittelblech zu besorgen.

Meine Anwesenheit während der Reparaturarbeiten hält die Mechaniker nicht davon ab, während der Arbeit private Telefonate zu führen, die Arbeit ruhen zu lassen, sich mit anderen Kollegen zu unterhalten, Werkzeug suchen zu gehen, unverrichteter Dinge zurück zu kehren, zu warten, nichts zu tun... und Zeit verstreichen zu lassen. Man kann jetzt sagen, es ist halt Afrika, man muss sich mehr gedulden, doch wenn man daneben sitzt, sich alles an schaut, die Jungs aufmuntert, sie animiert, ihnen ein gutes Trinkgeld verspricht, die dann doch den gleichen Trott weitergehen, dann kann man nur noch "Africa!" ausrufen und verzweifeln. Ich entschließe mich aber dafür, es als Abenteuer und Herausforderung zu sehen.

Rückkehr der Freundlichkeit

Die Küstengebiete Kenias sowie der Anrainerstaaten entlang des indischen Ozeans sind vornehmlich muslimisch. Dies macht sich durch Moscheen, Bekleidung und Essen bemerkbar. Die Freundlichkeit, die ich in Äthiopien vermisst habe, ist hier wieder vollkommen. Zwar wollen alle irgendwie ihre Souvenirs loswerden, aber niemand ist aufdringlich. Einzig der Verkehr ist eine Katastrophe. Da gibt es große, heruntergekommene, qualmende LKW'S, die Container aus dem Landesinneren nach Mombasa transportieren, die Straßen verstellen und den Verkehr zum Erliegen bringen. Dann die Matatus, die lokalen Kleinbusse, die bis zu 14 Passagiere transportieren. Und die indischen Tuktuks, die maximal drei Passagiere befördern. In Verbindung mit Hitze und Luftfeuchtigkeit ist die Straße eine Herausforderung für mich.

Zu den wilden Tieren

Mein Auto läuft wieder! Nach dem ich wirklich Druck ausgeübt hatte, wurde es dann doch noch in der Zeit fertig, in der es mir die Verantwortlichen versprochen hatten. Zwar fahre ich wieder mit etwas mulmigen Gefühlen in Mombasa ab (mein Mechaniker in Österreich sagte mir, wenn sie kein neues Getriebe eingebaut haben, oder die Kugellager falsch justiert sind, kann es gut sein, dass ich in 1000 Kilometer wieder einen Kugellagerschaden haben werde), kann jedoch während der ersten 500 Kilometern keine Geräusche hören. Lassen wir es darauf ankommen.

Schwein gehabt? Zumindest in den Shimba Hills. Hier geht's zu den Fotos.
Foto: Benedikt Loebell

Vor meiner Abreise nach Tansania werde ich noch von einem kenianischen Briten – Peter und seiner italienischen Freundin Maria Luisa – in die Shimba Hills gelockt. Dort sehe ich eine unbegreiflich schöne Fauna und Flora, sowie meine ersten Elefanten, Giraffen, Antilopen und "Wildbeasts". Den ganzen Tag "schleichen" wir mit unseren Autos durch die Landschaft um die Tiere nicht zu erschrecken und um so nah wie möglich an die sie heran zu kommen.

Im "Austrian Medical Referral Center Kwale"

In einem kleinen Örtchen in den wunderschönen Shimba Hügeln, gibt es ein von einer Österreicherin unterstütztes Krankenhaus. Abgesehen davon, dass im Krankenhaus von Kwale regelmäßige Kinderuntersuchungen angeboten werden, kann man nun auch kleine Operationen durchführen. Das OP-Haus wurde zur Gänze durch die "Austrian Medical Referral Center Kwale" Organisation von Therese Schwarzenberg erbaut und von Wolfgang Ambros unterstützt.

Frau Schwarzenberg und Dr. Franz Dirnberger. Mehr Bilder gibt's in dieser Ansichtssache.
Foto: Benedikt Loebell

Frau Schwarzenberg ist seit einem schweren Skiunfall teilweise gelähmt und kam vor langer Zeit nach Kenia, um hier im milden Klima zu genesen. Ihre Gesundheit hat sie weitest möglich wieder erlangt – eine motivierte Frau, die ihr Schicksal als Herausforderung nimmt und diese Motivation in ihrem Projekt auslebt! Sie fing an sich für das hiesige Krankenhaus zu bemühen. Eine Küche zu erbauen ist das nächste Etappenziel von Schwarzenberg.

Das größte Problem mit dem sie zu kämpfen hat, ist der Mangel an guten Ärzten. Es kommen zwar immer wieder neue hinzu, diese bleiben aber maximal eineinhalb Jahre und ziehen dann weiter. Daher ist es für Schwarzenberg ungeheuerlich wichtig, dass Ärzte aus dem Ausland nach Kwale kommen, um hier nicht nur zu praktizieren, sondern auch um die lokalen jungen Ärzten weiter zu bilden. Derzeit ist der plastische Chirurg Franz Dirnberger in Kwale. Seine Herausforderung ist es unter anderem, in das vorherrschende Chaos Ordnung hineinzubringen; er meinte, er könne problemlos operieren, nur seien die Angestellten nicht gut genug geschult und er müsse permanent nach den "Werkzeugen" suchen. Außerdem sei die staatliche Vorsorge noch in den Kinderschuhen und es bedürfe einer klar geregelten Ordnung.