Die Statistikerin Ulrike Kleb ist Femtech-Expertin.

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Mit Zahlen jonglieren - das hat Ulrike Kleb von klein auf gut gefallen. Und dabei ist es auch geblieben. Trotz vieler anderer Fächer, die sie interessiert hätten - Architektur und Jus etwa -, entschloss sich die gebürtige Kärntnerin für das Studium der Technischen Mathematik an der TU Graz. Dort stieß sie auf das weite Feld der Angewandten Statistik.

"Mich hat fasziniert, wie man mit mathematischen Methoden ganz praktische Fragestellungen lösen kann", sagt Kleb, die am Forschungsinstitut Joanneum Research stellvertretende Leiterin der Forschungsgruppe "Statistische Anwendungen" ist. "Ich war schon immer neugierig", sagt Kleb über ihren Antrieb. "Ich habe eine detektivische Ader."

Kombinationsfähigkeit und eine Spürnase sind auch nötig bei der Entwicklung und Anwendung von statistischen Modellen: "Wir arbeiten meist mit Unmengen von Daten, in denen wir nach Mustern, Auffälligkeiten und Indizien für bestimmte Effekte suchen", schildert Kleb. In einem aktuellen Projekt hilft Kleb etwa mit, aus Metabolomikdaten, also aus riesige Datensätzen zum Stoffwechsel in Zellen, Biomarker für Krankheiten zu finden. Dafür müssen Verfahren der Bioinformatik mit komplexen statistischen Analysemethoden verbunden werden.

"Wir versuchen herauszufinden, welche Merkmale darüber Aufschluss geben, ob eine Person gesund ist oder krank. So können wir anhand einer Blutprobe Klassifizierungen vornehmen und Krankheiten frühzeitig prognostizieren", beschreibt Kleb. Dabei sei nicht nur "statistisches Handwerkszeug" gefragt, sondern auch ein gewisses Maß an Berufserfahrung. "Man muss oft viele Modelle ausprobieren und sich langsam an Lösungen herantasten", sagt Kleb.

Sie selbst kann auf langjährige Erfahrung in ihrem Forschungsfeld zurückgreifen: Seit fast 20 Jahren rechnet die Statistikerin am Joanneum. Eine so abwechslungsreiche Tätigkeit würde sie in der Industrie oder im Finanzsektor nicht vorfinden, meint sie. Schließlich erarbeitet sie statistische Anwendungen für so gut wie jede Richtung: Für die Medizin genauso wie für Logistik und Materialforschung, für die Isotopenanalyse ebenso wie für die Sicherheitsforschung.

In einem weiteren aktuellen Projekt kann Kleb ihr kriminalistisches Geschick direkt einbringen. In Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt sucht sie mit ihrem Team vom Joanneum nach Indikatoren für regionale Unterschiede in der Kriminalitätsentwicklung. In dem vom Infrastrukturministerium geförderten Projekt werden Daten aus der Kriminalstatistik mit Informationen über die Wohnbevölkerung und kartografischen Daten verbunden. "Wir wollen signifikante Zusammenhänge sammeln, beispielsweise zum Effekt von Arbeitslosigkeit oder von Grenznähe auf die Kriminalitätsentwicklung."

Angesichts des großen Spektrums an Themen hält Kleb eine Eigenschaft für essenziell: "kreatives Querdenken". Damit meint sie das Einnehmen einer "anderen" Perspektive, die oft durch das eigene Fachwissen verstellt ist. "Ich habe den Eindruck, dass das Frauen mehr liegt als Männern", sagt Kleb. Sie selbst wurde kürzlich von der Initiative "Femtech" des Infrastrukturministeriums, die Leistungen von Frauen in der Wissenschaft sichtbar machen soll, zur "Expertin des Monats" ernannt. (Karin Krichmayr/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 07.12.2011)