Oben auf der Friedhofstribüne sind die Mängel nicht so augenscheinlich wie...

Foto: derStandard.at/Hirner

... in den darunter liegenden Vereins-Räumlichkeiten. Mehr teilweise schockierende Bilder gibt es in einer Ansichtssache.

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Durch Regenwasser-Einwirkung bunt gefärbte Wände, abblätternder Verputz, der teilweise durch notdürftig angebrachte Tücher kaschiert wird, gesundheitsbedenklicher Schimmel und weit aufklaffende Löcher in der Deckenverkleidung zieren die Geschäftsstelle des alt-ehrwürdigen Sportclub-Stadions in der Wiener Alszeile im 17. Wiener Gemeindebezirk. Egal wohin man blickt, der Status der Räumlichkeiten des Vereins in den Katakomben der Friedhofstribüne (siehe Ansichtssache) ist ein besorgniserregender und erinnert den Betrachter an Verhältnisse, wie man sie höchstens in den entlegensten Stadien des früheren Ostblocks vermutet.

"Der Zustand des Sportclub-Platzes ist schlichtweg katastrophal", sagt der Pressesprecher des Wiener Sportklubs Dr. Karl Reitter. "Die Kosten für Wasser, Strom, etc sind nicht zu unterschätzen und der Wiener Sportclub ist als Pächter für die Erhaltung des Stadions verantwortlich. Doch wir als Sportklub können die Renovierung ganz sicher nicht finanzieren," stellt Reitter klar.

Regenwasser in der Geschäftsstelle

Ursprünglich hätte die Fan-Tribüne ein Dach bekommen sollen, berichtet Reitter, doch nun "rinnt bei Schlechtwetter das Wasser von der Friedhofstribüne in die darunter liegenden Räumlichkeiten". Man kämpft gegen den Schimmel, versucht im Ernstfall mit Wasserschaffeln gröbere Überflutungen zu vermeiden.

Nachdem Rapid eine bedeutsame Summe zugesichert bekommen hat, wollen nun auch die Schwarz-Weißen aus Dornbach ein Stückchen vom Rettungskuchen mitnaschen. Um auf die ohnehin schon seit Jahren herrschenden Mängel hinzuweisen, hat man eine Unterschriftenaktion mit dem Titel "Rettet den Sportclubplatz"gestartet. Mittels dieser Petition wurden mittlerweile fast schon 2.000 Unterschriften gesammelt. "Es haben auch Fans anderer Klubs unterschrieben, die einfach nicht wollen, dass der Sportclub-Platz komplett verfällt", sagt Reitter.

Rund ein Zehntel der Rapid-Subvention wäre von Nöten

"Überraschender Weise hat auch die Austria, die eigentlich keine baulichen Probleme hat, eine Unterstützung bekommen. Ich weiß nicht, was die Sanierung der Friedhofstribüne kosten würde, ich bin kein Architekt, aber es schwirren Zahlen herum, die nur rund ein Zehntel der Kosten für die Sanierung des Hanappi-Stadions, also ca. 2,5 bis 3 Millionen Euro ausmachen würden. Aber von Seiten der Stadt hieß es immer, es gibt kein Geld, nun aber gibt es plötzlich zweistellige Millionen-Beträge für Rapid", wundert sich der WSK-Pressesprecher.

Sportstadtrat Christian Oxonitsch von der Wiener SPÖ verweist auf Anfrage von derStandard.at darauf, dass "per Beschluss vom 9. Juni 2010 bereits 30.000 Euro zur Sanierung der Büroräumlichkeiten bereitgestellt wurden" und dass der WSK ähnlich wie auch die Vereine Rapid und Austria "Trainingsplätze für die Nachwuchsarbeit in der Erdbrustergasse finanziert bekommen hat". Wichtig wäre generell, dass nicht nur die Funktionssanierung gewährleistet ist, sondern dass "die Subventionen auch in die Schaffung von Akademien für den Nachwuchs fließen, was eine wesentliche Voraussetzung für die Bundesliga darstellt", so Oxonitsch.

Warten auf ein Konzept

Von Seiten der Stadt warte man jedoch auf ein Konzept der Dornbacher. "Was ist dringend, was macht Sinn, was ist machbar?" Außerdem prüfe die MA 51, welche Sanierungs-Varianten finanzierbar seien. Dass dies nicht von heute auf morgen geschehen kann, erläutert der Sportstadtrat mit dem Problemfall Hanappi-Stadion. "Der Diskussionsprozess um das Hanappistadion in Hütteldorf hat 14 Jahre gedauert", so Oxonitsch. Vorstellbar wäre für den Sportstadtrat eine Subventionierung in kleineren Tranchen um in erster Linie das Feuchtigkeitsproblem in den Griff zu bekommen.

"Dass der Herr Oxonitsch auf ein Konzept von uns wartet, finden wir etwas eigentümlich", sagt WSK-Pressesprecher Reitter. Dass es, wie aus der Gerüchteküche zu erfahren ist, ein tollkühnes Sanierungskonzept der Friedhofstribüne in Kombination mit neu geschaffenen Wohnungen geben soll, möchte Herr Reitter nicht dementieren, dabei handle es sich aber um "vage Projekte. De facto ist das alles sehr, sehr unausgegoren", so Reitter, der anmerkt, dass eine bloße Sanierung der Friedhofstribüne bei weiterem Verzicht auf ein Dach wohl wenig Sinn macht, weil sich das Regenwasser immer wieder den Weg in die Geschäftsstelle bahnen würde.

Keine Alternative

Ein Ausweichen von der Friedhofstribüne auf die überdachte und zumindest optisch wesentlich komfortablere Auswärtsfantribüne stellt, abgesehen von den "imaginären und emotionalen Gründen" der Fans, die seit geraumer Zeit die Tribüne vor dem Hernalser Friedhof besiedeln, keine reale Option dar, "weil die gesamte Infrastruktur des WSK, die Geschäftsstelle mit Sekretariat, Umkleidekabinen, Duschen, das Fan-Zentrum "Flag", Aufenthalts- und Lagerräume unter der WSK-Fan-Tribüne untergebracht sind. Unter der Auswärtstribüne ist praktisch nichts, außer ein lichtloser Hohlraum. Den zu adaptieren, wäre, wenn überhaupt möglich, bei all den Auflagen mit Entlüftung, Fluchtwegen etc. sicher auch nicht billig", erläutert Reitter.

Sportlich gesehen mischen die Dornbacher im oberen Bereich der Regionalliga Ost mit. Der WSK überwintert nach 15 Runden mit fünf Punkten Rückstand auf Horn auf Rang sechs. Über einen möglichen Aufstieg in die "Heute für Morgen Erste Liga" verschwendet man lange vor Saisonende keine Gedanken mehr. Die Lizenz wird nicht beantragt beziehungsweise kann nicht beantragt werden. "Die finanziellen und administrativen Auflagen sind in unserer derzeitigen Situation in keinem Fall zu erfüllen. Die Auflagen werden verschärft und verschärft, es hat den Eindruck, als wollten sie unter sich bleiben. Es werden Dinge gefordert, die sich der Sportclub einfach nicht leisten kann. Wie die anderen Vereine diese Auflagen erfüllen können, ist eine andere Geschichte. Wir müssen das zur Kenntnis nehmen und können den Herren da oben nur Glück wünschen", so Reitter. (derStandard.at, 7. Dezember 2011)