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Die Kluft zwischen Arm und Reich wird - geschuldet der Entwicklung bei den Löhnen und Gehältern - größer.

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Aus Sicht der OECD müssen die weniger Starken geschützt werden.

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Wien - Die Einkommensunterschiede innerhalb der Bevölkerung nehmen zu, wovon zuletzt besonders die hoch entwickelten Staaten betroffen waren. Österreich lag 2008 (jüngste verfügbare Zahlen) mit einem "Gini-Koeffizient" von 0,26 etwas besser als Deutschland mit 0,30, geht aus einer entsprechenden Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor. Der "Gini-Koeffizient" reicht von 0 (alle Menschen haben das gleiche Einkommen) bis 1 (die reichste Person verdient alles).

Österreich: Arm bleibt arm

Aber auch in Österreich gilt: der Verdienst der Armen wächst in viel geringerem Tempo, als der der Reichen oder des Bevölkerungsdurchschnitts. So ist in den letzten zwei Jahrzehnten das inflationsbereinigte Haushaltseinkommen des ärmsten österreichischen Bevölkerungszehntels nur um 0,6 Prozent pro Jahr gestiegen, während das des Durchschnitts um 1,3 Prozent zulegte. Die obersten zehn Prozent der Einkommen wuchsen um 1,1 Prozent jährlich. Umverteilungsgelder sind in diesen Zahlen berücksichtigt.

Vergleicht man das mit Belgien, wo die Ärmsten relativ am meisten zulegen konnten, hat Österreich also an Ungleichheit zugenommen. Nimmt man aber Deutschland als Messlatte, dann geht es den Haushalten mit niedrigem Einkommen in Österreich noch relativ gut. In Deutschland nämlich haben die Armen real praktisch seit über zwanzig Jahren nichts dazu gewonnen (0,1 Prozent jährlich). Das ist ein krasser Gegensatz zu dem wohlhabendsten Einkommenszehntel, das um 1,6 Prozent pro Jahr davoneilte.

 

Ungleichheit schwächt Wirtschaftskraft

Besonders stark ausgeprägt war das Ungleichgewicht in Mexiko (0,48) und der Türkei (0,41). In den USA lag der Wert bei 0,38. Im Krisenland Griechenland befand er sich noch vor dem Ausbruch der wirtschaftlichen Tragödie bei 0,31. Einen besonders ausgeglichenen Wert weist Slowenien mit 0,24 auf.

Die Studie widerlegt laut Autoren die Annahme, dass Wirtschaftswachstum automatisch allen Bevölkerungsgruppen zugutekommt und, dass Ungleichheit soziale Mobilität fördert. "Zunehmende Ungleichheit schwächt die Wirtschaftskraft eines Landes, sie gefährdet den sozialen Zusammenhalt und schafft politische Instabilität - aber sie ist nicht unausweichlich", so OECD-Generalsekretär Angel Gurria. Als Grund für die auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich wird in der OECD-Studie unter anderem der steigende Anteil an Teilzeitarbeit angeführt. Außerdem werde im Schnitt weniger Stunden gearbeitet, wobei allerdings die Zahl der Arbeitsstunden der Gutverdienenden gleichgeblieben ist.

Gleich und gleich gesellt sich gern

Außerdem finden immer mehr Paare in der gleichen Einkommensgruppe zusammen, so dass sich gute Verdienste potenzieren: Das traditionelle Modell "Chefarzt heiratet Krankenschwester" ist laut OECD auf dem Rückzug.

"Direkten, wenn auch nur mittelfristigen, Einfluss auf die Umverteilung können Regierungen über Steuer- und Sozialreformen nehmen. Eine Option wäre, die Einkommenssteuer progressiver zu gestalten. Auch Maßnahmen zur Eindämmung der Steuerflucht, die Abschaffung von Steuererleichterungen für Besserverdienende oder der Ausbau von Steuern auf Vermögen und Grundbesitz könnten zu einer besseren Umverteilung von Einkommen beitragen. "Gleichzeitig sind staatliche Transferzahlungen wichtiger als je zuvor, um die anhaltenden - und durch die Rezession oft verschärften - Verluste für Menschen mit niedrigem Einkommen auszugleichen", teilte die OECD mit.

Größte Gewinne in Gutverdienerhaushalten

Die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich geht vor allem auf die Entwicklung der Löhne und Gehälter zurück. Im OECD-Schnitt stiegen die verfügbaren Haushaltseinkommen in den beiden Jahrzehnten vor der Finanz- und Wirtschaftskrise um 1,7 Prozent jährlich. Die größten Gewinne machten dabei zumeist Gutverdienerhaushalte (1,9 Prozent). Die Ärmsten bildeten das Schlusslicht (1,3 Prozent).

Die Autoren der Studie skizzieren verschiedene Wege, um den Trend zu größerer Ungleichheit zu stoppen. Mehr Menschen in den Arbeitsmarktintegrieren und hochwertige Arbeitsplätze mit echten Karriereaussichten zu schaffen, verspreche die größten Erfolge.

Mehr und bessere (Aus)Bildung wäre laut Studie das einzige Mittel, die Lohnungleichheit zu begrenzen und gleichzeitig die Beschäftigungsraten zu erhöhen. Bildungsoffensiven müssten in der frühen Kindheit beginnen und während der gesamten Schulpflicht aufrechterhalten werden, heißt es. Auch nach dem Einstieg ins Berufsleben sollten Arbeitnehmer und Arbeitgeber angehalten werden, in Weiterbildung zu investieren.

Staatliche Transfers wichtiger als je zuvor

Direkten, wenn auch nur mittelfristigen, Einfluss auf die Umverteilung können Regierungen über Steuer- und Sozialreformen nehmen. Ohne diese Ausgleichszahlungen wäre die Ungleichheit viel größer. Vor allem die nordischen Länder, aber auch Österreich, unterstützen ihre arme Bevölkerung mit Transferleistungen.

Um dieses Instrument tiefgreifender zu nutzen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine Option wäre, die Einkommenssteuer progressiver zu gestalten. Auch Maßnahmen zur Eindämmung der Steuerflucht, die Abschaffung von Steuererleichterungen für Besserverdienende oder der Ausbau von Steuern auf Vermögen und Grundbesitz können zu einer besseren Umverteilung von Einkommen beitragen. Gleichzeitig sind staatliche Transferzahlungen wichtiger als je zuvor. (APA/red, derStandard.at, 5.12.2011)