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Wenn Kardinal Schönborn zur Feder greift, ist er zumeist sehr präzis. Als Redaktionssekretär des „Katechismus der Katholischen Kirche" formulierte er zum Thema Pornografie, dass es sich um eine „Quelle unerlaubten Profits" handle. „Sie ist eine schwere Verfehlung". Daher verlangt die Kirche sogar: „Die Staatsgewalt hat die Herstellung und Verbreitung pornographischer Materialien zu verhindern."

Damals war er noch nicht Erzbischof von Wien, und nicht - wie heute - mit den kirchlichen Beteiligungen Profiteur dieses Geschäftsfeldes. Beim kürzlich erschienen Jugendkatechismus Youcat legte er in der Formulierung sogar nach: „Pornografie ist eine Abart der Prostitution ... Händler sind gleichermaßen an dieser schweren Verfehlung gegen die Liebe und die Menschenwürde beteiligt." Hat sich Schönborn zwischenzeitlich nie erkundigt, wie es in seinem Verantwortungsbereich aussieht?

Letzte Woche gab DER STANDARD Nachilfe: Gibt man im Suchfeld von dombuchhandlung.at (33% im kirchlichen Eigentum) den Begriff „Porno" ein, findet sich alles, was der Katechismus verboten hat. Nicht nur in Buchform. Auch DVDs werden feilgeboten. Wird bestellt, schneidet die Kirche mit und schöpft aus der „Quelle unerlaubten Profits". Warum bleibt da der Kardinal untätig? Wo doch davon auszugehen ist, dass der umsichtige diözesane Justiziar Dr. Erich Ehn Klauseln in die Dombuchhandlungsverträge aufgenommen hat, wonach die Geschäfte dem Ansehen der Kirche nicht schaden dürfen. Das tut er nämlich immer.

Vor einer ähnlichen Situation steht die kirchliche Weltbildgruppe in Deutschland. Nach eigenen Angaben fallen dort 0,017 Prozent der verkauften Ware in die verbotene Kategorie. Freilich: Wenn man die Verfehlung so schwerwiegend sieht, dass sogar nach dem Staat gerufen wird, muss es eine Null-Toleranz gelten. Solange man nicht zu Schluss kommt, dass auch in der kirchlichen Ehevorbereitung ein wenig Kamasutra-Schulung nicht von Nachteil wäre und den Katechismus etwas entschärft, bleibt nichts anderes übrig, als klare Konsequenzen zu ziehen. 

Der Weltbild- Geschäftsführer Carel Halff hält den von den deutschen Bischöfen angestrebten Verkauf der Handelsgruppe daher für „folgerichtig". Das ist er streng genommen auch wieder nicht. Aufgabe wäre es, nimmt man Schönborns Doktrin ernst, auch diese 0,017 Prozent zu unterbinden. Durch einen anderen Betreiber ließe man nämlich das Verteufelte fortbestehen - und würdet aus dem Verkauf noch einmal einen unerlaubten Profit ziehen. Ein Verkaufsprozess kann zudem Jahre dauern. In dieser Zeit bestünde weiterhin die Mitwirkung am „schmutzigen Milliardengeschäft mit dem Sex" (Zitat Youcat). Für den neuen Aufsichtsratschef, den Münchner Generalvikar Peter Beer, herrscht so gesehen eigentlich Gefahr in Verzug - täglich.

Dabei haben die Weltbildmanager teilweise umsichtiger gehandelt und mehr Vorkehrungen getroffen, schmuddelige Bereiche auszuschließen, als Schönborns Truppe. Gibt man nämlich bei weltbild.de im Suchfeld den Begriff „Porno" ein gibt es Null Treffer. Zum Vergleich: Auch die im kirchlichen Einflussbereich stehende österreichische styriabooks.at schafft es, dieses Schlagwort auszufiltern. Die Dombuchhandlung kommt aber auf 288 Treffer. Das sind sogar um 80 Angebote mehr als das österreichische Buchhandels-Flaggschiff morawa-buch.at anpreist.

Ein ähnliches Bild ergibt der Suchbegriff „Sadomaso":
Dombuchhandlung.at: 28 Treffer,
Morawa-Buch.at: 20 Treffer,
Weltbild.de: 0Treffer
Styriabooks.at: 0 Treffer.

In dieser Kategorie bietet übrigens die Dombuchhandlung das Buch mit dem aufschlussreichen Titel „Perfekte Sklavin" an. Das Cover wird hier in Einhaltung der Verbotsrichtlinien des Weltkatechismus nicht wiedergegeben. Nur so viel: Das Werk wird u.a. noch den Schlagworten „Erniedrigung", „Geiselung" und „Sünde" zugeordnet.

Die Suche nach diesem Titel ist auf Weltbild wieder vergeblich. Es liegt also nicht nur am Schlagwortfilter, sondern am Sortiment (das dort, wie erwähnt, trotz der Einschränkungen nicht frei von Sex-Sellern ist). Die intelligente Software von Weltbild gibt allerdings Alternativvorschläge. Auf Platz 1 steht anstelle der nicht vorhanden perfekten Sklavin: „Eine fast perfekte Ehe."

Bleibt die Frage: Was drängt die deutschen Bischöfe zum Verkauf von Weltbild, wenn Katechismus-Autor Schönborn gleichzeitig viel freizügiger ist? Neu in Wien ist nur: Die Lieferungen bis Weihnachten sind in der Dombuchhandlung versandkostenfrei.

PS: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Verantwortung der Päpste und des Vatikans am internationalen Missbrauchsskandal geklärt werden muss. Der derzeitige Papst hat bisher lediglich zur Schuld einzelner Priester und Bischöfe Stellung genommen. Zu den Vorgängen innerhalb der vatikanischen Mauern fand er kein Wort. Benedikts beharrliches Schweigen dazu macht ihn als Papst unglaubwürdig. (derStandard.at, 5.12.2011)