Kairo - Nach ihrem Erfolg bei der ersten Teilrunde der Parlamentswahlen in Ägypten haben die islamistischen Muslimbrüder Sorgen vor einer Radikalisierung der Politik im Fall ihrer Machtübernahme zu zerstreuen versucht. "Die Ängste sind unbegründet und haben nichts mit der Realität zu tun. Wir stehen für einen gemäßigten Islam der Mitte, wir wollen nichts mit Gewalt erzwingen", sagte ihr Sprecher Mahmoud Ghoslan am Samstag der Nachrichtenagentur AFP.

Im Hinblick auf die Salafisten, deren Partei Al Nur Schätzungen zufolge bei der Wahl 20 Prozent der Stimmen erhielt, mahnte der Sprecher, nicht alle Islamisten in denselben Topf zu werfen. Die Frage nach einer Koalition mit den Salafisten bezeichnete Ghoslan als "verfrüht". Das Volk habe für die Muslimbrüder gestimmt, weil sie "seine islamische Identität" repräsentierten und weil es ihnen vertraue, da sie "mit dem Volk gelebt haben".

Noch keine offizielle Ergebnisse

Eigenen Angaben zufolge erhielt die Partei für Freiheit und Gerechtigkeit der Muslimbrüder bei der ersten Teilrunde rund 40 Prozent der Stimmen. Al Nur kam Medienberichten zufolge überraschend auf etwa 20 Prozent und lag damit vor dem liberalen Ägyptischen Block. Die offiziellen Ergebnisse für die Parteilisten, über die zwei Drittel der Sitze bestimmt werden, wurden von der Wahlkommission noch immer nicht bekannt gegeben.

Die Salafisten treten für eine strenge Anwendung der islamischen Gesetze ein und propagieren eine soziale Ordnung nach dem Vorbild der Gefährten des Propheten Mohammed. Die 1928 gegründeten Muslimbrüder sind die älteste islamistische Bewegung der Welt. Obwohl sie in Ägypten seit 1954 offiziell verboten waren, sind sie dank eines landesweiten Netzes an Moscheen, Schulen und Krankenhäusern tief in der Gesellschaft verwurzelt.

Die Abstimmung am Montag und Dienstag in Kairo, Alexandria und anderen Landesteilen war die erste von drei Runden für das Unterhaus. Der Rest des Landes wählt bis Jänner in den kommenden Wochen. Anschließend wird in drei weiteren Runden das Oberhaus gewählt. Vergangene Woche hatten tausende Menschen gegen die Macht des Obersten Militärrats demonstriert, der seit dem Sturz des langjährigen Präsidenten Hosni Mubarak das Land beherrscht. (APA)